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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 42.1931

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Ritter, Heinrich: Material-Wirkung im Wohnraum, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10795#0108

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKTEN F. UND C. VOGT-BERLIN

RAUCHTISCH U. SESSEL IM HERRENZIMMER

MATERIAL

WIRKUNG
Ii

IM WOHNRAUM

Das präzise geformte Metall-Gerät ist ein
Beispiel der »Erfüllung« nach zwei Seiten:
der Geist ist ganz verkörpert, das Ding ist völlig
den Sinnen dargestellt, und nirgends fallen Neben-
produkte ab; nichts schwärmt nebelhaft über die
Konturen des Objekts hinaus, keine unbehauste
Sehnsucht treibt sich vagabundierend in seiner
Nähe herum. Hier ist Identität des Objekts mit
sich selbst ganz klar verwirklicht; Eingeständnis
des Geistes: genau das ist es, was ich wollte.

Es gilt Gleiches für das Glas, in seiner charak-
teristischen modernen Verbindung mit poliertem
Metall, für schlichtgeformtes Porzellan und
Steingut, sowie für die zahlreichen synthetischen
neuen Materien der Gegenwart, die Kunstharze
usw., bei denen Glanz und Festigkeit, Glätte
und Präzision als ständige Motive wiederkehren.

Sind das die primären Werkstoffe, so verbin-
den sich mit ihnen im neuen Wohnraum gerne
einige andere, die dem Tastgefühl besondere
Wärme geben, wie: Tierfelle, rauher Innenputz,
grobe Wolle u.a.m. Das heißt: unverkünstelte
Naturprodukte, die ebenso direkt und ehrlich sind
wie Metall und Glas, auch ebenso unsentimental,
aber näher an dem Gefühl Behaglichkeit liegen.

Der Mensch wird die Spannung in seinem
Wesen, die ihm dauernde »Erfüllungen« schwer
macht, nie beseitigen können. Sie wird sich immer
wieder zum Worte melden, wird ihre Fragen
stellen und den Menschen immer wieder über seine
»Erfüllungen« hinaustreiben. . Aber es ist sein
gutes Recht, daß er sich heute vornehmlich in
seiner geistbeherrschten Einheitlichkeit
zu erleben wünscht, daß er das brütende Ver-
weilen auf inneren Zwisten für eine Zeit beiseite
schiebt, und erprobt, wieweit es ihm heute mög-
lich ist, ein Ganzes zu sein und unproblematische
Ganzheiten in seiner Welt hervorzubringen. Zu
diesem Streben stellen sich die modernen Mate-
rialien im Raum als willige Helfer, und deshalb
wendet er ihnen seine Gunst zu. . . heinr. ritter.



UNSERE ZEIT ist ihrer Anlage nach im Gan-
zen »antiformalistisch« eingestellt. Sie ist
nicht im Prinzip formfeindlicb, sondern sie stellt
sich das Formproblem neu. Der Formalist bemäch-
tigt sich des Formguts von Gestern und wuchert
mit ihm. Unser Zeitgeist aber drängt zu neuer
Schlichtung, zu neuer Schlichtheit. Wir verstehen
Form als inneres Schaffensgesetz. Der Künstler
von heute freut sich an der Tat des Formens mehr
als an der Tatsache der Form. . . Heinrich geron.
 
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