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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 42.1931

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Ritter, Heinrich: Technomorphe Gestalt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10795#0174

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152

INNEN-DEKORATION

PROF. BRUNO PAUL, REG. BAUM. FRANZ WEBER

KLEIDER-ABLAGE. HAUS O. JAHN IN SOEST

TECHNOMORPHE GESTALT

Der »kunstgewerbliche« Wohnraum war ein so
genau geordnetes ästhetisches Gefüge, daß
er dem in ihm lebenden und sich bewegenden
Menschen ein gewisses Widerstreben entgegen-
setzte. Der Wohnraum der kunstgewerblichen
Prägung war so einheitlich, so geschlossen und
»fertig«, daß der Mensch seine Ordnung fast not-
wendig stören mußte.. Wie verhält sich der neue
Wohnraum in dieser Hinsicht? Genau umge-
kehrt. Er braucht den beweglichen Menschen.
Er ist erst vollständig, wenn er in menschlicher
Nutzung steht. Der Mensch ist ihm nicht der
Störenfried, der eine bildhaft starre Ordnung zer-
bricht — sondern er gibt dem Raum erst Sinn
und volles Dasein. . Moderne Räume wollen dem
Menschen nicht etwas vorspielen, was ihn in be-
schauende Passivität setzt. Sondern der Mensch
muß in ihnen etwas tun. Während der kunstge-
werbliche Wohnraum als »Bild« genossen wer-
den wollte, regt der neue Wohnraum den Men-

schen an, gesund aus sich heraus zu leben: auf
die Objekte hin, auf Außenwelt oder Arbeit hin. .
Man kann es auch von anderer Seite fassen. Man
kann sagen, daß der alte Wohnraum, der alte
Wohnbau, »anthropomorph« war, also »menschen-
gestaltig«; und zwar in dem Sinne, daß Haus,
Möbel, Raum sich »beseelt« und »expressiv« ver-
hielten, daß sie dem Menschen ein Umhüllen, ein
Aufragen, Sich-Emporrecken, ein Wachsen, Grei-
fen, Lagern, Klammern, ein Schmeicheln und
Trösten, einen Trotz oder eine Zärtlichkeit dar-
stellten und vorspielten. Das Wort »Anthropomor-
phismus« ist für diese Sache eigentlich zu eng; es
handelt sich faktisch um »Ph ys iom or p h i s-
mus«, also um »Naturgestaltigkeit« überhaupt.
Der moderne Raum aber lehnt nichts so un-
zweideutig ab als diese »Naturgestaltigkeit«, die
sich immerfort zum »Bild« verselbständigen will.
Der moderne Raum, das moderne Möbel sind
als »technomorph« zu bezeichnen. Sie stellen
 
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