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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 42.1931

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Freiheit und Bindung
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Michel, Wilhelm: Das Bild an der Wand
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https://doi.org/10.11588/diglit.10795#0426

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404

INNEN-DEKO RATION

professor e. fahrenkamp—düsseldorf blick zum speisezimmer. haus Dr. k.

Der Architekt, der mit ziemlich unbeschränk-
ten Mitteln Luxus-Hotels in der Wüste in
Arizona und Luxu3-Wohnbauten errichten kann,
darf wohl so großzügig denken. Sicher bietet
sich auch heute noch der starken Persönlichkeit
ein Feld. Aber die Forderungen an das »For-
mat«, an das Ausmaß der Fähigkeiten sowohl wie
der Disziplin sind ungeheuer gestiegen. Nicht nur
höheres Lebensgefübl, sondern auch höchste Ver-
nunft und nüchternes Wissen um das Zulässige,
Erforderliche und zunächst Nötige muß das schöp-
ferische Individuum heute aufweisen. Nicht mehr
das persönliche Lebensgefühl des Einzelnen ist
das, was wir bewundern, sondern ein Lebens-
gefühl, das Lebensdrang und Notdurft der Vielen
umfaßt. Der »große« Architekt muß heute sich
»großen Aufgaben« hingeben können. »Ein Archi-
tekt der wirklich alle Bedingungen seiner Kunst
erfüllt«,— sagte Delacroix, — »scheint mir ein
viel seltenerer Phönix als ein großer Dichter, ein
großer Maler und ein großer Musiker. Für mich
liegt der Grund dafür in dem absolut notwendigen
Zusammentreffen eines großen praktischen
Verstandes mit einer reichen Phantasie.« . u

DAS BILD AN DER WAND

Das Bild an der Wand »durchbricht«
sinnlich und geistig die Wandfläche, und
neuerdings waren die Architekten manchmal ge-
neigt, ihm das zu verübeln. .Aber ist denn das
Bild das einzige Ding im Raum, das seine Ge-
schlossenheit und Eindeutigkeit durchbricht? Ist
nicht in jedem Raum das »Fenster«, das den
Anblick der Gärten oder des Straßenlebens her-
einführt? Durchbricht nicht der »Spiegel« den
Raum, indem er das Geheimnis der reflek-
tierten Welt in ihn hereinträgt? Deutet nicht
das »Bücherregal« in den Bereich des Forschens
und Dichtens hinaus? Und bricht nicht auch das
»Rundfunkgerät« die Abgeschlossenheit des
Zimmers, indem es das lebendige, aus ferner
Situationswahrheit entstehende Menschenwort von
allen Richtungen der Windrose heranführt? . Der
Raum ist des Menschen wegen da, nicht um-
gekehrt; der Mensch ist als freizügiges Wesen
geboren und wünscht (er lebe, wie und wo es
sei) den »Ausblick« ins Größere, ins Weitere
der wirklichen wie der geistigen Welt. . . w. m.
 
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