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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 44.1933

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Kozma, Lajos: Möbel als Gebrauchsgegenstand, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10797#0388

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MÖBEL ALS GEBRAUCHSGEGENSTAND (Schluß)

Ornament ist keine Einzelleistung, sondern es er-
fordert die Zusammenarbeit vieler, vieler Köpfe und
unzähliger Hände, um zu einem wahren Kultur-
wert zu werden in dem Sinne, wie die künstlerische
Richtung und die Gestaltungsart eines beliebigen
Zeitalters sich aus der gemeinsamen Arbeit einer
ganzen Generation ergab. Auch auf diesem Gebiet
hat die neue Richtung den richtigen Weg einge-
schlagen, wenn sie die willkürlich-individualistische
Schöpfungsart unterdrückt, um einer kollektiven
Energie Platz zu machen, wie sie einst durch die
Arbeit namenloser Hände den griechischen Tempel
und die Dome des Mittelalters oder die zeitlosen For-
men unserer Werkzeuge hervorbrachte.

Mit der gemeinsamen Arbeit des heutigen Men-
schen beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte der
Gebrauchsgegenstände, und es hängt nur vom Publi-
kum ab, ob es lediglich Käufer oder aber auch Kenner
und Liebhaber dieser für ihn geschaffenen Ge-
brauchsgegenstände sein will. Ebenso wie bei dem
Wald, dem blühenden Baum, der wogenden Saat
in erster Linie nie ihre Schönheit das Wesentliche ist,
sondern ihre nutzbringende Eigenschaft, und wir

erst nachträglich feststellen, daß sie nicht nur nütz-
lich und wertvoll sind, sondern auch ein ästhetisches
Erlebnis für uns bedeuten. Das setzt freilich eine
entsprechende Ausbildung unseres Sehens voraus.

Aus dieser Aufrichtigkeit, in diesem kunstlos-
ungewollten Boden keimt in der Tat die Kunst unse-
rer Zeit. Freiheit und Unvoreingenommenheit gehört
zum Schaffen. Und dies enthält auch schon den Abbau
aller Dogmen, ebenso die der gesuchten Modernität
und des Formalismus wie die der Antikisierung und
einer künstlichen »Heimatkunst«. Die echte Heimat-
kunst duftet und erfrischt, sie hat ihren tiefen unver-
gänglichen Wert, aber die Sucht nach dem Volks-
tümlichen verfehlt ebenso ihr Ziel wie die »Sachlich-
keit«, wenn sie jemand »betreibt« und sie sich nicht
als Resultat von selbst ergibt. Wer nicht fähig ist,
restlos aufrichtig zu sein und mit den heutigen
ungezwungenen und einfachen Mitteln schöne Ge-
brauchsgegenstände zu schaffen, der fällt unaufhalt-
sam einer verlogenen Romantik anheim, weil er die
Wirklichkeit nicht für schön genug hält - in der
Meinung, durch Übertünchung sie von Grund aus
verändern zu können. ludwlg kozma-Budapest
 
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