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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 44.1933

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Unser Heim - Abbild und Vorbild
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https://doi.org/10.11588/diglit.10797#0390

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376

INNEN-DE KOR ATI ON

JUNGGESELLENZIMMER MIT SCHRANKWAND

AUSSTELLUNG DER THONET A.G. BUDAPEST

UNSER HEIM-ABBILD UND VORBILD

Zeige mir dein Haus - und ich sage dir, wer du
bist«, so könnte man den bekannten Spruch wan-
deln. Wie jemand sein Haus baut oder seine Woh-
nung einrichtet, ist außerordentlich bezeichnend für
seinen Charakter. Auch wo er sich kaum über Kon-
ventionen hinauswagt, zeigt sich gerade darin und
außerdem in den kleinen Willkürlichkeiten, wie sie
sich auch noch in die hörigste Gefolgschaft ein-
schleichen, die besondere Stellung zum Leben, zum
Alltag, zu dem, was man als Gewohnheit liebt. Unser
Haus ist ein Spiegel unserer selbst.

Man kann den Spruch aber auch anders wandeln:
»Zeige mir dein Haus - und ich sage dir, wer du sein
willst.« Das braucht nun nicht nur in jenem plumpen
Sinn verstanden werden, daß man an der Art des
Hauses, der Einrichtung sogleich den Protzen er-
kennt, der mehr sein will als er ist. Recht oft läßt sich
aus Art und Form des Heims ein schöner Wille des
Inhabers zum Besserwerden herauslesen. Oft zeigt so
eine Behausung eine Klarheit, eine Sauberkeit der
Anschauung und innern Haltung, wie sie nicht schon
als Abbild des drin wohnenden Charakters, wohl aber
als sein Wunschbild verstanden werden kann. . . .

Denn dies ist die andere Funktion unserer Um-
gebung: sie soll nicht nur zu uns passen - sie soll uns
auch erziehen. Ein griechischer Tempel war nicht
Abbild des Durchschnittsgriechen, wohl aber Vorbild
für einen jeden, der ihn sah. Und ebenso bei jedem
architektonischen Kunstwerk aller Zeiten. Beim
Wohnbau senkt sich diese Funktion mehr ins Private
hinein. Sie ist vielleicht nicht immer so deutlich aus-
geprägt, und oft überwiegt der Zweck, bestenfalls
das Behagen. Aber gerade heute scheint die erziehe-
rische Funktion im Wohnbau wieder in den Vorder-
grund zu treten. Was an Volkserziehung durch klare
und echte Ausstattung der Mietshöfe und der Sied-
lungsbauten geleistet werden kann, darüber hat
schon mancher nachgedacht. Und vielfach wurde es
in die Wirklichkeit übergeführt. Das neue Bauen und
Wohnen hat sicher für viele noch den Anschein des
nur Extremen. Und wir beabsichtigen keineswegs,
dem Durchschnittsbürger dieser Zeit die »Wohn-
maschine« als Vorbild für seine Charakterentwicklung
zu empfehlen. Die junge Architektur hat manchmal
des Maschinellen im Formenausdruck zu viel getan.
Aber was sie an Genauigkeit, an Sauberkeit und
 
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