Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 45.1934
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0421
DOI Artikel:
Wieszner, Georg Gustav: Wohnform als Stilausdruck
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10796#0421
INNEN-DEKORATION
405
PROF. RE1NH. STOTZ —WUPPERTAL-BARMEN »SCHREIBTISCH MIT STUHL«
WOHNFORM ALS STILAUSDRUCK
VON DR. GEORG GUSTAV W1ESZNER
PROF. R. STOTZ »BESTECK- UND GLÄSERSCHRANK«
Stil-Ausdruck. Was heißt das ? Es ist der Ausdruck einer
Gesinnung, die sich Formen schafft. Also reden die
Formen von der Gesinnung, der inneren Haltung: vom
Geist der Zeiten. Das ist der Sinn der Stilgeschichte: aus
Geschaffenem auf den Schöpfer schließen. Historische
Dokumente können »gefärbt«, ja gefälscht werden, müssen
»kritisch« gewertet werden. Die Bauten der gleichen Zeit
reden deutlicher, ehrlicher, rückhaltloser vom Geist der
Zeiten. Die Seele, die sich in ihnen ausspricht, bricht durch
jede Kaschierung durch. Das, was künstlerisch gefällt, ist
in seinen Formen reiner, zeitgemäßer als das, was utilita-
ristischer Bedachtsamkeit opportun erscheint. Am deut-
lichsten aber reden die kleinen Dinge, auf die es scheinbar
nicht ankommt und die darum auch in der Stilgeschichte
kaum beachtet werden: das Kleid, der Stuhl, der Schrank,
die Wohnung; als ob das alles privatissime wäre, fängt die
Kulturbetrachtung gewöhnlich erst dort an, wo das Haus
sich der Straße zeigt, bei den Fassaden, oder gar, wo es eine
breitere Öffentlichkeit vertritt: als Kirche, Rathaus, Burg.
Und doch sind es die kleinen Dinge, die, gerade wegen
ihres Unbeachtet- und Unbeaufsichtigtseins, von der Ein-
heit der Zeit erzählen. Das »Man hat« hat einen tieferen
Sinn als nur den modischen. Das »Man« ist das beherr-
405
PROF. RE1NH. STOTZ —WUPPERTAL-BARMEN »SCHREIBTISCH MIT STUHL«
WOHNFORM ALS STILAUSDRUCK
VON DR. GEORG GUSTAV W1ESZNER
PROF. R. STOTZ »BESTECK- UND GLÄSERSCHRANK«
Stil-Ausdruck. Was heißt das ? Es ist der Ausdruck einer
Gesinnung, die sich Formen schafft. Also reden die
Formen von der Gesinnung, der inneren Haltung: vom
Geist der Zeiten. Das ist der Sinn der Stilgeschichte: aus
Geschaffenem auf den Schöpfer schließen. Historische
Dokumente können »gefärbt«, ja gefälscht werden, müssen
»kritisch« gewertet werden. Die Bauten der gleichen Zeit
reden deutlicher, ehrlicher, rückhaltloser vom Geist der
Zeiten. Die Seele, die sich in ihnen ausspricht, bricht durch
jede Kaschierung durch. Das, was künstlerisch gefällt, ist
in seinen Formen reiner, zeitgemäßer als das, was utilita-
ristischer Bedachtsamkeit opportun erscheint. Am deut-
lichsten aber reden die kleinen Dinge, auf die es scheinbar
nicht ankommt und die darum auch in der Stilgeschichte
kaum beachtet werden: das Kleid, der Stuhl, der Schrank,
die Wohnung; als ob das alles privatissime wäre, fängt die
Kulturbetrachtung gewöhnlich erst dort an, wo das Haus
sich der Straße zeigt, bei den Fassaden, oder gar, wo es eine
breitere Öffentlichkeit vertritt: als Kirche, Rathaus, Burg.
Und doch sind es die kleinen Dinge, die, gerade wegen
ihres Unbeachtet- und Unbeaufsichtigtseins, von der Ein-
heit der Zeit erzählen. Das »Man hat« hat einen tieferen
Sinn als nur den modischen. Das »Man« ist das beherr-