Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 46.1935

DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Lust am Raum
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10947#0232

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
220

INNEN-DEKORATION



H. H. LÜTTGEN »WOHNHALLE« HAUS F. BLICK GEGEN DIE GARTENHALLE

LUST AM RAUM

Es gibt eine Lust am Raum, die sich dreifach glie- könnte auf den Gedanken kommen, Raumfreude sei

dert: als Lust am Raum-Empfinden, Lust am im Grund nur eine Freude am schönen Verhältnis

Raum-Erfüllen und Lust am Raum-Gestalten. sichtbarer Dinge zueinander, das Räumliche spiele in

Die Lust am Raum-Empfinden kennen wir alle dieser Freude keine grundlegende Rolle. Aber denkt

vom Landschaftserlebnis her, in welchem sie oft eine man sich das, was einen geglückten Innenraum oder

entscheidende Rolle spielt. Raumgliederungen mit einen mustergültigen Architekturplatz umrahmt und

dem Auge abzutasten, von einem Felsen übers Tal erfüllt, in eine einheitliche Fläche gebracht, so merkt

zum jenseitigen Berghang hinüberzublicken, eine man: es ist ganz offensichtlich die Raumtiefe, die

Waldlichtung, eine Bucht am See als geschlossenen dem Raumerlebnis seine entscheidende Würze gibt.

Raum zu erleben, bereitet dem äußeren und inneren Worauf kann das beruhen? Gibt es tatsächlich

Sinn eine fühlbare Befriedigung. Die Gartenkunst eine Urbeziehung des Menschen zur Raumtiefe?

früherer Zeiten, namentlich die französische des 18. Wir spüren etwas von dieser Urbeziehung, wenn

Jahrhunderts, war ausschließlich auf eine Wechsel- wir von freier Wälderhöhe einen Blick in die unge-

reiche, oft von Überraschungen durchsetzte Folge messene Weite eines Berglands, einer überrauchten,

bestimmter Raumeindrücke angelegt. Unschwer ist stromdurchblitzten Ebene tun. Es löst sich da etwas,

dabei zu erkennen, daß auch die Freude an einem das bisher in uns gefangen lag. Die Seele in uns greift

schön geführten Innenraum mit der gleichen Ur- endlich frei hinaus in den nicht mehr beengenden

beziehung zum Raum zusammenhängt, die im land- Raum als in das Einzige, das ihr entspricht und

schaftlichen Raumerlebnis mitspricht. Denn jene worin sie zu einem genußreichen Ausdehnen kommt.

Raumbilder in französischen Gärten, aus geschnitte- Die Form der Raumanschauung hat etwas zu tun

nen Laubmauern aufgebaut, sind ebensogut Innen- mit der Art, wie der Mensch sein eignes Inneres er-

räume wie ein Saal oder ein Architekturplatz. — Man lebt. Und der gegliederte Raum hat etwas zu tun
 
Annotationen