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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Jaumann, Anton: Gewichtsverteilung im Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0030

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18

INNEN-DEKORATION

GEWICHTSVERTEILUNG IM RAUM

Je mehr Tische und Stühle und sonstige Möbel im
Raum sind, desto weniger hat man den Wunsch
nach einem reichgemusterten Teppich mit vielen
Einzelheiten, desto mehr ist die Ausspannung mit
einem glatten Velours oder Filz am Platze. Auch ein
großer Sitzungstisch bedingt keinen reichgemusterten
Teppich als Bodenschmuck. So hängt eines mit dem
andern zusammen. Man braucht da kein Gesetz auf-
zustellen, das liegt im Gefühl. Jeder Raum scheint
eine bestimmte und begrenzte Kapazität in bezug auf
Formengehalt zu besitzen: wird diese überschritten,
erscheint der Raum zu voll, oder zu schwer oder
überhaupt unruhig. Sache des Raumgestalters oder
Heimgestalters ist es, die Gewichte richtig und vor-
sichtig auszuwiegen.

In dieser Massen- und Gewichtsberechnung gibt
es nun eigentümlicherweise positive und negative
Gewichte. Es gibt Formen und Anordnungen, die
auflockern, erleichtern, die Schwere wegzaubern. Ein
Beispiel: Grauer Schrank vor grauer Wand, das ist
wie Nebelwallen. Jedes Gefühl der Schwere ist ver-
schwunden, weggeweht. Leichte Muster, bewegte

Linien, durchscheinende Stoffe, auch Glas, sie wirken
alle in der gleichen Richtung, beschwingend, ent-
materialisierend. Sie nehmen die Gewichte hinweg.
So gibt es Mittel, um große schwere Gegenstände,
breite Flächen ihrer Wucht, ihrer erdrückenden
Schwere zu entkleiden und damit die gesamte Ge-
wichtskapazität im Räume anders zu verteilen.

Da passieren eigenartige Dinge. Stellt man Stühle
und Tische auf einen lebhaft gemusterten Teppich
von heller Farbe, da scheinen diese Möbel oft jede
Schwere verloren zu haben, sie schweben über den
Formen des Teppichs, sie scheinen nicht mehr Holz
zu sein, nicht mehr zu lasten, sie sind für das Auge
entmaterialisiert. Selbst der Eindruck der Füße stört
da nicht.

Man sieht, das tatsächliche Gewicht der Gegen-
stände im Raum ist nicht bestimmend dafür, was als
schwer oder leicht, als massig oder beschwingt er-
scheint. Die ästhetische Schwere ist nicht identisch
mit dem körperlichen Gewicht. Und der Raumge-
stalter hat es in der Hand, die Gewichte auszuglei-
chen, ohne an der Masse das geringste zu ändern, a. j.
 
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