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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Zeitgerechtes Schaffen
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Reschovsky, Edwin: Zeit und Materie
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0182

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170

INNEN-DEKORATION

JEAN ROYERE-PARIS »SCHLAFZIMMER« SYKOMORENHOLZ, STOFFE: BLAU-WE1SS

ZEITGERECHTES SCHAFFEN

Carl Friedrich von Rumohr, der große Kunst-
historiker zur Goethe- und Romantikerzeit, sagt
einmal: ». . . Nichts begünstigt die Kunst so sehr, als
wenn der Künstler dem gerecht zu werden bemüht
ist, was an der Zeit ist.« Dies Wort, vor mehr als
hundert Jahren hingeschrieben, gilt noch immer und
immer wieder. Unsere augenblickliche Lage erbringt
den bündigsten Beweis. Nicht ein abstraktes Suchen
nach sogenannter Schönheit hat unserer modernen
Architektur zu klarer Prägung verholfen, sondern
die dienende Sorge des Schaffenden, was an der Zeit
ist. Es war an der Zeit, dem heutigen Menschen eine
seiner würdige Behausung zu schaffen. In rastloser
Mühe um die Befriedigung heutiger Lebensansprüche
wurde »von innen her« ein neuer Typus des Wohn-
hauses erarbeitet und durchgesetzt. Im großen
Zweckbau unserer Zeit spielte sich der gleiche Vor-
gang im Monumentalen ab. Nicht »Stilhascherei um
jeden Preis« ließ das erstehen, was wir heute als zeit-
gemäße Architektur ansprechen, sondern die ver-
antwortungsbewußte Frage: was tut unserer Zeit
not? Jede Zeit, soweit sie Anspruch erheben darf,

als historisch lebendige Zeit zu gelten, trägt ihren
Stil in sich. Am Menschen ist's, ihren Stilwillen zu
erkennen. Die Zeit bietet dem schaffenden Menschen
die wirklichen Aufgaben an. Nimmt der Mensch sie
auf, so entsteht Stil. Die Kunst der Zeit reift in ihre
günstige Entfaltung hinein. Wir dürfen noch nicht
über Vollendung unseres künstlerischen Schaffens
frohlocken. Welche Zeit dürfte das! Und wie dürfte
es eine Zeit wie die unsere, die so tief im Umbau aller
Werte begriffen ist! Aber der Ansatz, den unsere
Architektur im Zweckbau und im Wohnbau gefunden
hat, ist gut. Der Architekt von heute bemüht sich,
dem gerecht zu werden, was an der Zeit ist. - Dr. r. r.



ZEIT UND MATERIE. Daß die Materie, der die
Gestaltungskraft des Menschen Form verleiht,
zum lebendigen Ausdruck der betreffenden Epoche
wird, sagt schon ein altes Sprichwort: »saxa loquun-
tur« - die Steine reden. Sie erzählen dem, der ihre
Sprache zu vernehmen vermag, von der Größe und
Macht Hellas' und Roms, von der himmelwärts-
strebenden Frömmigkeit gotischer Dome, von der
 
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