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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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Zauber der Werkstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0397

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INNEN-DEKO RAT ION

383

ZAUBER DER WERKSTATT. Im Dorf, das die
Heimat meiner frühen Kindheit war, hatte dem
Elternhaus gegenüber ein Schreiner seine Werkstatt.
Da lernte ich unter Spänegeraschel und Leimgeruch
zuerst den Zauber und die Gewalt der einfachen, alten
Handwerksmaschinen kennen: die Hobelbank, die
das Werkstück so sicher einspannte, daß der Hobel
nach Herzenslust mit munterem Zischen und Krei-
schen darüber fahren konnte; die Schnitzbank, deren
dicker Hammelskopf den Axtstiel oder das Schemel-
bein so fest packte, daß das zweigriffige Schnitzmesser
leichte Arbeit hatte; die Drehbank, die das Holz in
schwindelnden Umdrehungen kreisen ließ, daß man
die scharfe Klinge bloß daranzuhalten brauchte, um
die unbegreiflich genauen Kerblinien, die schönen

sanften Schwellungen, Wülste, Verjüngungen her-
auszuholen. Ja, die Drehbank war wohl das Schönste!
Sie kehrte den Arbeitsvorgang gleichsam um, indem
sie die eigentliche Kraftentfaltung in die Drehung
legte, während die Klinge nur fest stillzuhalten hatte,
um die Formen hervorzulocken. Und was für schöne,
fließende, gleitende, saftige Formen waren das! For-
men, in denen noch etwas vom Schwung der Rotation
steckte, alles rundlich, gespannt, lebendig, fast at-
mend — ganz anders als das, was unter Säge oder
Stemmeisen entstand. Hätte ich die Töpferscheibe da-
mals schon gekannt, so hätte ich gesehen, daß die
Drehbank ihre Schwester ist und daß beide aus der
Drehung Formen verwandter, nämlich gleichsam frei-
williger, lustvoller, wüchsiger Art herausholen, g. l.
 
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