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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Von einem Tisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0074

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INNEN-DEKORATION

VON EINEM TISCH sagte ein Mann, der ihn aus sehen, welche ihre Wohnungsumwelt mit tieferer
versenkter, meditierender Schau betrachtete: Achtsamkeit und mit freundlich-pfleglichen Gedan-
»In dem Raum stand ein schmuckloser Tisch mit ken behandeln, einmal von einer solchen feiertäg-
Instrumenten darauf. Ich bewunderte ehrfürchtig liehen Beziehung zu den Sachen angeredet worden
diesen Tisch, wie bescheiden, anspruchslos und doch sind. Die friedliche Lampe, der brave, tröstliche
selbstsicher und freudig er tagaus, tagein in diesem, Lehnsessel, der narbenvolle, allzeit getreue Schreib-
vielleicht sonst nicht viel benutzten Räume stand tisch - das sind nicht sinnleere Worte, sondern sie
und sich aufpacken ließ, was man wollte, und nicht bezeichnen Gemütserfahrungen, die wohl keinem
einmal Anspruch auf Dankbarkeit machte.« Es han- herzhaften Menschen fremd bleiben. Halten sie doch
delt sich hier um eine besonders eindringliche, be- auch stand vor dem nüchternen Denken! Der aus-
seelende Betrachtungsweise, die selbst den söge- zeichnende Ehrentitel der uns umgebenden Geräte-
nannten toten Dingen ihr Mitfühlen zuteil werden weit war es seit Anfang, daß sie mit ihrem schwei-
läßt. Diese Betrachtungsweise, welche den Kindern gend-unablässigen Dienst das eigentlich menschen-
und den künstlerisch angelegten Menschen wohl- förmige Leben erst ermöglicht. Denken wir bloß
bekannt ist, dringt gleichsam hinter die Selbstver- an das Objekt, von dem wir hier ausgingen, an den
ständlichkeit der Sachen vor, bis dahin, wo auch die Tisch. Er gehört zu den zwei, drei Grundgestalten
unbelebten Dinge eine Art Persönlichkeit offenbaren. der Wohngeräte. Er ist Ablegefläche und Ruhelager
Auf diese Innenseite der Dingwelt achten wir im der Objekte schlechthin, er ist die ideale Entspre-
allgemeinen nicht, und es ist zu verstehen, daß dies chungsfläche für den stehenden und den sitzenden
so sein muß; denn wir würden nicht zu unserer Menschen. Essen, Arbeiten, Spielen fordern den
Arbeit kommen, wenn wir für solche geheime Anrede Tisch, und Tisch ist auch der Altar, auf dem kul-
der Sachen um uns her allezeit ein offenes Ohr tische Gaben und Geräte ihre Aufstellung finden. Um
hätten. Es ist ein feiertägliches Verhältnis zu den den Tisch geschieht die sinnfälligste Gruppierung
Dingen, was da zum Vorschein kommt. Gleichwohl der Hausgemeinschaft, und »Tischgenosse« ist ein
aber darf man annehmen, daß alle diejenigen Men- altes Gleichwort für Freund oder Gefolgsmann. -

EDGAR HORSTMANN »EISENTISCH MIT MOSAIKPLATTE« AUSF. BERTHOLD MOLLER. — AUFN. HE1DERSBEROER
 
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