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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Kunst und Volk
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0187
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INNEN-DEKOR AT ION 177

»AUS EINEM JUNGMÄDCHEN-WOHN- UND SCHLAFZIMMER« MÖBEL: EICHENHOLZ, FUSSBODEN: LINOLEUMBELAG

Versammlungen, soziale Hilfe und Repräsentation
des Staates; ferner den Schulen, den Gebäuden des
Faschio, den Rathäusern, Spitälern, Kirchen. Nichts
ist in der Tat bestimmter im Besitz des Volkes als der
Markusplatz, der Dogenpalast, die Loggia dei Lanzi,
der Petersplatz, die Rialtobrücke, die Fontana di
Trevi, das alte Ospedale Maggiore in Mailand und alle
Kathedralen. Hier fühlt sich das Volk wahrhaft als
Familie von gleichberechtigten Inhabern. In diesen
Straßen und Plätzen bewegt es sich mit dem Gefühl,
daß all das ihm gehört, daß es der Herr, der Zuschauer
und der Mitspieler des großen Schauspiels der Schön-
heit ist. Aber diese so tief volkstümlichen Dinge sind
nicht ins Leben getreten infolge einer ästhetisch oder
moralisch begründeten Absicht, etwas »fürs Volk« zu
tun; sie sind einzig und allein Erzeugnisse der Kunst
und der Freude am Glanz."

Wie sehr dies alles gerade auch aus dem Herzen des
Neuen Deutschland gesprochen ist, braucht wohl
nicht eigens ausgeführt zu werden. Unter dem süd-
lichen Himmel wird vielleicht der reiche Mitbesitz des
Gesamtvolkes an den Architekturen und Denkmälern
noch viel deutlicher gespürt als im Norden. Aber auch

im Norden gibt es ein starkes Empfinden für solche
Gemeingüter, und bei jedem Berliner, Münchner,
Dresdener, Nürnberger wird man den Stolz auf die
Heimatstadt immer neu von der Freude an architek-
tonischen Schönheitswerten belebt finden. Was will
in solchen Zusammenhängen das Wort Luxus bedeu-
ten? Es hat hier nichts verloren, sagt Gio Ponti.
„Denn die Kunst selbst ist Luxus, der legitimste oder
vielmehr der einzig legitime Luxus der Menschheit.
Sie ist der Glanz von allem. Selbst der Glanz der
Privatleute, wenn er sich in der Öffentlichkeit zeigt
in den Fassaden der Paläste und Villen, macht davon
keine Ausnahme. Er bedeutet Liebe zur schönen Ge-
staltung, Ehrerbietung für die Kunst, nicht stolze Ei-
telkeit. Die herrlichen Schauseiten der Paläste gehö-
ren der Straße, gehören dem Volk. »Sic nos non no-
bis« (So sind wir nicht für uns) lautet eine Inschrift
auf einem der schönsten Palazzi am Canale Grande.
Gerade die glänzendsten Souveräne haben in ihren
großartigen Stadterweiterungen, in ihren verschwen-
derischen Bauwerken und selbst in ihrer pompösen
Hofhaltung am meisten »Kunst fürs Volk« in die
Welt gebracht. Der Papst Gregor XIII. Buoncam-

1940. VI. 3
 
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