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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Mayreder, Karl: Etwas über Gaststätten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0355

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INN EN-DEKORATION

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ETWAS ÜBER GASTSTÄTTEN

Eine Gaststätte? Sehr einfach: das ist ein Raum,
manchmal auch ein Garten, ganz allgemein eine
Örtlichkeit also, die der Mensch betritt, um gegen
klingende Münze (oder raschelndes Papiergeld) feste
Nahrung oder flüssige Stärkung zu sich zu nehmen.
Dazu sind allerlei Gegenstände dienlich, die in solcher
Örtlichkeit untergebracht sind: Tische, mehr oder
minder einladende Sitzgelegenheiten, bisweilen auch
noch eine eindrucksvoll hingelagerte Theke.

Sehr einfach also, in der Tat - oder doch nicht am
Ende ? Ist nicht auch die Welt der Gaststätte unend-
lich bunt und mannigfach, genau so unendlich bunt
und mannigfach wie die große und weite Welt des
Menschen, welche in die der Gaststätte hineinragt, sie
bedingt und sich in ihr treulich widerspiegelt? Auch
ihr Herr ist der Mensch, ist die Aufgabe, die er ihr
stellt. Und nicht allein die Aufgabe ist wechselvoll,
auch die Lösung war es immer, über das rein zweck-
haft Bestimmte hinaus; nach Zeit, Land und Ahnen-
erbe. Wir wollen heute freilich beim Nahen verweilen,

was Zeit und Land betrifft, bei unserer eigenen Ge-
genwart mithin.

Wie weit spannt sich schon da der Bogen des Mög-
lichen! Da sind zum Beispiel die weiträumigen groß-
städtischen Speisehäuser, jene Abfütterungsanstalten
großen Stils, unvermeidbarer Nüchternheit voll, bar
jedweden Behagens. Während der eine Gast noch ha-
stig am Nachtisch würgt, tritt hinter der Stuhllehne
schon der nächste ungeduldig von einem Bein auf das
andere. Hierher kommt man nur, um nicht zu ver-
hungern und wegen nichts sonst, mag auch ein be-
scheidenes Blumensträußlein inmitten des Tisches ein
bißchen Frohsinn zwischen all der Nützlichkeit rings-
um zu verbreiten suchen.

Da ist etwa ein ländliches Dorfwirtshaus ganz was
anderes. Auch bei ihm gibt die Einrichtung nicht den
Ausschlag - oder halt, in einem Punkt vielleicht
doch: daß nämlich in der Wirtsstube an Stelle der bei
Raufhändeln allzu handsamen Stühle schwere Bänke
stehen. Man ißt dort kaum, man wäre denn Ge-
 
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