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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 53.1942

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Hildebrandt, Hans: Zerstörung von Kunstwerken - Im Frieden
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https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0080

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72

INNEN-DEKORATION

»DER GROSSE TONNENRAUM MIT DEN BEIDEN BETTNISCHEN« VORHÄNGE: ROT-WEISS, BANK: HOLZMADNER SCHIEFER

ZERSTÖRUNG VON KUNSTWERKEN — IM FRIEDEN

Gewiß sind die Blutopfer, die der Krieg von den
Völkern fordert, die mit dem höchsten Preise
bezahlten. Doch dürfen auch die Kriegsopfer, mit
denen die Kunst sich abzufinden hat, uns schmerz-
lich berühren. Hier mag nun die Einsicht tröstlich
sein, daß die immer und allerorten in Friedenszeiten
der Kunst auferlegten Opfer weder an Zahl noch an
Bedeutung zurückstehen hinter den kriegsbedingten,
was uns freilich nur selten bewußt wird. Denn nur
diese erscheinen, dank ihrer Plötzlichkeit, augen-
fällig und bar jedes Sinnes. Während die gewollte Zer-
störung künstlerischer Werte mitten im Frieden im
Ablauf einer Entwicklung vor sich geht.

Es gibt genug Fälle, in denen die Beseitigung
einer Kunstschöpfung ein schlimmer, aber unum-
gänglicher Zwang ist. Öffentliche Kunstwerke, Bau-
ten voran, sind solcherweise bedroht. Wieviele Opfer
fordert allein das gesunde Wachstum einer Stadt,
der steigende Verkehr, fordern die berechtigten
Ansprüche verbesserter Lebenshaltung! Um nur
auf ein einziges Beispiel hinzuweisen: Die Stadt-

umwallungen, oft genug mit ihren Türmen und
Toren bewundernswerte Gesamtkunstwerke, konnten
fast nirgends erhalten werden. Der unvermeidliche
Abbruch ganzer Straßenzüge, selbst ganzer Stadt-
viertel kann mitunter auch altehrwürdige, feinge-
staltete Architekturen nicht verschonen, zierliche
Palais mit ihrer gesamten Ausstattung an Stukka-
turen und Wandmalereien müssen samt ihren
kunstvollen Gärten verschwinden, und mancher
Zeuge reiner Baugesinnung aus vergangenen Tagen
muß weichen, weil er einen Platz einnimmt, auf den
ein den veränderten Bedürfnissen angepaßter Neubau
gleicher Bestimmung nicht verzichten darf.

Solche Opfer lassen sich als tatsächlich notwendige
verschmerzen. Nicht aber, wenn sie dies nur ver-
meintlich sind, wenn Unverstand, Bequemlichkeit
oder, am schlimmsten, Gewinnsucht und Bodenspe-
kulation sie veranlaßten. Viel unersetzliches ererbtes
Kunstgut wurde Ende des vorigen Jahrhunderts
also verschleudert, bis ein verantwortungsbewußter
Denkmalschutz rettete, was noch zu retten war.
 
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