118 INNEN-DEKO RAT ION
»damenwohnzimmer« möbel: schleiflack, bezüge: kirschrot, sofa: sandfarben, braun und rot gestreift
Herz mit Ruhe schlagen läßt, bemerkt er zuletzt,
ist ihm am tiefsten entschwunden. Gehört aber dieses
Vergessen des Angenehmen, dieser Untergang in das
Bewahrende, nicht wesentlich zur Erfüllung des
Wohnverlangens? Bewirkt dies unbemerkte Zusam-
menleben mit dem Raum nicht erst die Wohltat der
Gemütlichkeit? Schaut nicht das Kind von seiner
Mutter Arm erst freudig in die Welt? Mit welch einer
Zufriedenheit schauen wir doch an einem stillen,
sonnigen Nachmittag von unserem breiten Balkon
herunter auf die Straße, getragen von dem Wissen:
hinter unsrem Rücken steht das vertraute Heim,
die freundlich aufgebaute Zuflucht vor den wechsel-
vollen Zufällen der Welt. Dort warten Tisch und
Stühle auf Geselligkeit. Lampe und Sessel stehen
bereit, um Frieden und Erholung zu verschenken.
Bilder und Bücher erwarten uns dort zu einer tieferen
Durchdringung der wie Sommerwolken vorüber-
ziehenden Ruhestunden. Und doch lebt dieses reiche
Glück des Wohnens nur wie eine dunkle Erinnerung
in unserem Gemüt, wie ein Geschenk, das nicht zum
Danken drängt. Vielleicht hat dieses selbstverständ-
liche Zuhausesein im Heim darin seinen Grund, daß
sich das Herz zu sehr mit ihm verband und es nur
noch wie sich selbst bemerkt. So wäre denn die Wohn-
lichkeit der Ausdruck einer innigen Erfüllung des
Raumes durch den Menschen, dem er dient. Deshalb
auch ist der Wohnraum in seiner höchsten Vollen-
dung ein großartiges Merkmal für die Durchdringung
der Welt mit der Besonderheit des Menschlichen:
ein klares Zeichen dafür, daß der Mensch seinen
schicksalsmäßigen Auftrag, der Glanz alles Daseins
zu sein, wirklich erfüllte. Die edle Schönheit eines
prunkvollen Möbelstückes bekommt erst durch das
Wissen um die hohe Existenz des Menschen einen
tief befriedigenden Sinn. So hat man auch erst dann
ein Kunstwerk ganz verstanden, wenn man vor ihm
erfährt, welch ein edles Geschöpf die Erde doch in
der Gestalt des Menschen besitzt.
Auf diese Weise hat das unablässige Bemühen um
eine völlige Befriedigung des Wohnverlangens seinen
Sinn gefunden. Es dient dem Streben des Menschen-
herzens nach inniger Verbindung mit der Welt. So
ist das Glück des Wohnens ein schöner Abglanz
jener Freude, die ein in allen höheren Zusammen-
hängen beheimatetes Herz erfüllt. - Günther michel
»damenwohnzimmer« möbel: schleiflack, bezüge: kirschrot, sofa: sandfarben, braun und rot gestreift
Herz mit Ruhe schlagen läßt, bemerkt er zuletzt,
ist ihm am tiefsten entschwunden. Gehört aber dieses
Vergessen des Angenehmen, dieser Untergang in das
Bewahrende, nicht wesentlich zur Erfüllung des
Wohnverlangens? Bewirkt dies unbemerkte Zusam-
menleben mit dem Raum nicht erst die Wohltat der
Gemütlichkeit? Schaut nicht das Kind von seiner
Mutter Arm erst freudig in die Welt? Mit welch einer
Zufriedenheit schauen wir doch an einem stillen,
sonnigen Nachmittag von unserem breiten Balkon
herunter auf die Straße, getragen von dem Wissen:
hinter unsrem Rücken steht das vertraute Heim,
die freundlich aufgebaute Zuflucht vor den wechsel-
vollen Zufällen der Welt. Dort warten Tisch und
Stühle auf Geselligkeit. Lampe und Sessel stehen
bereit, um Frieden und Erholung zu verschenken.
Bilder und Bücher erwarten uns dort zu einer tieferen
Durchdringung der wie Sommerwolken vorüber-
ziehenden Ruhestunden. Und doch lebt dieses reiche
Glück des Wohnens nur wie eine dunkle Erinnerung
in unserem Gemüt, wie ein Geschenk, das nicht zum
Danken drängt. Vielleicht hat dieses selbstverständ-
liche Zuhausesein im Heim darin seinen Grund, daß
sich das Herz zu sehr mit ihm verband und es nur
noch wie sich selbst bemerkt. So wäre denn die Wohn-
lichkeit der Ausdruck einer innigen Erfüllung des
Raumes durch den Menschen, dem er dient. Deshalb
auch ist der Wohnraum in seiner höchsten Vollen-
dung ein großartiges Merkmal für die Durchdringung
der Welt mit der Besonderheit des Menschlichen:
ein klares Zeichen dafür, daß der Mensch seinen
schicksalsmäßigen Auftrag, der Glanz alles Daseins
zu sein, wirklich erfüllte. Die edle Schönheit eines
prunkvollen Möbelstückes bekommt erst durch das
Wissen um die hohe Existenz des Menschen einen
tief befriedigenden Sinn. So hat man auch erst dann
ein Kunstwerk ganz verstanden, wenn man vor ihm
erfährt, welch ein edles Geschöpf die Erde doch in
der Gestalt des Menschen besitzt.
Auf diese Weise hat das unablässige Bemühen um
eine völlige Befriedigung des Wohnverlangens seinen
Sinn gefunden. Es dient dem Streben des Menschen-
herzens nach inniger Verbindung mit der Welt. So
ist das Glück des Wohnens ein schöner Abglanz
jener Freude, die ein in allen höheren Zusammen-
hängen beheimatetes Herz erfüllt. - Günther michel