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Seite 114

INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG

Nr. 10

Sellbstbjographie erzählt, auf seiner niederländischen (Reise]
gemalt. Die Studie ziu diesem Bilde befindet sich in der
Albertina in Wien. Nach dem Bilde ist eine große Anzahl von
Kopien hergestellt worden, die über die ganze Welt ver-
streut sind.
(Londoner Kunstskandal.) Die Hängekommission der
großen Kunstausstellung in der Londoner Roval Academy hat
eine ebenso peinliche wie sensationelle Entdeckung gemacht.
Es hat sich nämlich herausgestellt, daß drei Bilder des in
England sehr bekannten Malers Reginald Eve, denen die
Jury bereits einen guten Platz zugewiesen hatte — über-
malte Photographien sind! Es waren Städteaius-
schnitte aus Venedig und London. Eve, der u. a. durch ein
Porträt des Prinzen von Wales recht volkstümlich geworden
ist, erklärt, er sei zue Zeit der Entstehung der Bilder so über-
arbeitet gewesen, daß er, um mit der Arbeit rascher vor-
wärts zu kommen, die Flußlandschaft photogra-
phiert habe. Es ist aber auch, wie die Londoner Zeitungen
melden, noch ein anderes Bild schleunigst aus den heiligen
Hallen der Akademie entfernt worden, nämlich das Seestück
eines 16jährigen Kunstschülers. Es wurde nämlich im letzten
Augenblick festgestellt, daß das fragliche Seestück die
Kopie einer bekannten farbigen Illustration zu einer See-
räubergeschichte von Stevenson ist. Der junge Mann ver-
sichert zwar hartnäckig, es handle sich um ein reines Er-
zeugnis seiner Phantasie-, aber die Priestei der englischen
Kunst, die offenbar nicht an Telepathie glauben, haben das
Werk des jungen Genies, wie er bereits von einigen vor-
eiligen Kritikern genannt worden war, endgültig hinaus-
geworfen.

HANDSCHRIFTEN.
(Verkauf des Florianer Psalteriums.) Der Ausverkauf der
österreichischen Klosterschätze schreitet fort. Nun ist auch
das Psalterium aus dem Stift St. Florian bei Linz an
Polen verkauft worden. Als Kaufsumme wird der Befrag
von 500.000 Schilling genannt. Das Florianer Psalterium ist
eine Pergamenthandschrift des 14. Jahrhunderts. Sie ist in
großer, schöner Schrift geschrieben und umfaßt 226 Blätter,
die lateinisch, polnisch und deutsch abgefaßt sind. Es existiert
über das Psalterium eine reiche Literatur; der polnische
Teil wurde im Jahre 1834 in Wien veröffentlicht. Polnische
Forscher bezeichnen es als das älteste Denkmal der pol-
nischen Literatur. Nach St. Florian kam es durch die Königin
Katharina von Polen, die während ihres Aufenthaltes in
Linz seit 1516 St. Florian öfter besuchte und auch dort ihre
Grabstätte wählte.

PHILATELIE.
(Gegen die Flut der Wohltätigkeits- und Gedenkmarken.)
Der in Livorno tagende europäische Philatelisten-
kongreß faßte eine Entschließung, in der für die Beschrän-
kung der Ausgabe von Wohltätigkeits- und Gedenkmarken
eingetreten wird. In allen Staaten sollen diesbezügliche
Schritte unternommen werden. Der Kongreß beschloß auch
die Vereinigung aller europäischen Philatelistenvereine. Zur
Durchführung dieses Beschlusses wurde ein internatio-
nales Komitee gebildet.

VERSCHIEDENES.
(Tod bekannter Sammler.) In Dresden ist Obembergrat
Richard B a 1 d a u f, 83 Jahre alt, gestorben. Sein Name ist
der Oeffentlichkeit durch das Baldauf-Museum bekannt ge-
worden, das die umfangreichste Privat-MjineralHelni-
Sammlung Deutschlands darstellt. Baldauf war einer der
größten Braunkohlen-Industri,eilen Nordböhmens. 1904 zog er
sich von den Geschäften zurück und siedelte nach Dresden
über. Er unternahm Forschungsreisen nach Grönland, Island,,
Brasilien und Argentinien und legte den Grund zu seinem
einzig dastehenden mineralogischen Museum.
(Verband der Wiener Auktionshäuser.) Die Wiener Auk-
tionsfirmen haben zur Vertretung ihrer gemeinsamen Inter-
essen einen Verb an d gegründet, dessen Konstituierung am
30. April d. J. stattgefunden hat. In den Vorstand wurden die
Herren Ferdinand Fischer], Ges. d. Fa. J. Fischer, zum
Obmann, Dominiik A r t a r i a, Ges. d. Fa. Artaria & Co., zum
Obmannstellvertreter, Albert Kende zum Kassier, Felix
Legat, Prokurist d. Fa. Glückselig Ges. m. b. H. zum
Schriftführer und Herr Rudolf Friedl zum Revisor gewählt.
(Reorganisation der Wiener Werkstätte Ges. m. b. H.)
Die Wiener Werkstätte Ges. m. b. H. befand sich im Herbst
1929 in einer schwierigen finanziellen Situation, Umsomehr ist
es im Interesse des österreichischen Kunstgewerbes, um das

sich dieses Institut so große Verdienste erworben hat, zu be
grüßen, daß die Schwierigkeiten auf dem Wege einer durch
greifenden finanziellen Reorganisation behoben werden kenn
ten. Die große Majorität der Anteile an der Wiener Werk
stätte ist von einer Gruppe von österreichischen und ischwei
zerischen Industriellen übernommen worden. Die neuen Teil
habet haben eine ausreichende Kapitalserhöhung durch
geführt und die nötigen Betrieibskredite sichergestellt. Daß
der genannten Gruppe jedes Vertrauen entgegengebracht
wird, beweist wohl auch die Liste des neuen Aufsichtsrates,
der sich am 14. April konstituierte. Als Vorsitzender fungiert
Generaldirektor Dr. Ing. Hermann Neubacher, Präsident
des Oesterreichischen Wferfcbundes. Dem Aufsichtsrate gehören
ferner an die Herren: Regierungsrat Dr. Hermann Oppen-
heim, Vorstandsmitglied der Niedecösterreichischen Es-
komptegesellschaft, Bernhard Altmann, Industrieller in
Wien, Siegmund Br e tisch, Direktor-Stellvertreter der
Oesterreichischen Credit-Anstalt, Georg O e r i, Industrieller
in Basel, Sektionschef i. R. Dr. Adolf Vetter, Direktor des
Gewerbeförderungsamtes dec Stadt Wien. Die künstlerische
Leitung der Wiener Werkstätte liegt -nach wie vor in den
Händen des Professors Dr. Josef Hoffmann.
(Karl Felkel.) In diesen Tagen stellte in seinem Atelier
in der Ungargasse 4 ein junger Maler aus, dem ein rascher
und nachhaltiger Erfolg dadurch beschießen war. Ein reger
Besuch von Kunstfreunden bestätigte das Urteil der Presse,
die in sehr schmeichelhafter Weise ausführlich über die Aus-
stellung berichtet hatte, in der der sehr begabte Künstler
Arbeiten aus dem Zeitraum der letztvergangenen fünf Jahre
etwa vorführte. Wenn an dieser Stelle wieder einmal von
einem noch in der Entwicklung Stehenden gesprochen wird,
so geschieht es, weil sich sein Schaffen auf die schönste Art
zu runden verspricht. Der ehemalige Bacher-Schüler gewann
allmählich Selbständigkeit, erst in der jüngsten Zeit aber
wuchs er zu einer größeren Eigenheit empor. In Kreide- und
Tuschzeichnungen zeigt sich eine ansehnliche Kraft; wie er
die Fläche im Schwarz-Weiß gliedert, ist mitunter erstaun-
lich, Es ist wesentlich für ihn, daß er jeder Technik die ihr
eigentümliche Ausdrucksweise und dennoch innerhalb der
Grenzen dieser Ausdrucks,möglichkeiten das stets gleiche
persönlich vertiefte Gefühl wirken läßt. Das gilt für das
Aquarell, das gilt für das Oelbild. Im Aquarell weiß er stille,
fieine Stimmungen eintzufangen; daneben ,sihd festlgefaßte
Stadtansichten und Landschaften. Stilleben erweisen seine
Kultiviertheit im Aufbauen von Kompositionen, Bildnisse die
Fähigkeit, den Menschen aus allen Beziehungen seines Da-
seins zu erfassen. Felkel war seinerzeit in Ausstellungen des
Künstlerhauses und der Sezession zu finden. Er zog sich dann
zurück, arbeitete für sich, unternahm Reisen, und sah sich,
nach der Rückkehr in die Heimat, auch in dieser um. Sein
Weg in die Zukunft ist licht. R.
(Prozeß um einem Ofen.) Auf dem dem Grafen Hans
D ürckhe im gehörigen [Schloß Weinberg bei Kefermarkt
in Oberösterreich befand sich ein alter Kachelofen, der angeb-
lich schon seit 300 Jahren dort stand. Dieser Ofen wurde am
1. April 1929 von den Wiener Antiquitätenhändlern Leopold
Blumka und Josef Herzog um 50.000 Schilling gekauft.
Die beiden Antiquitätenhändler haben nun durch Dr. Leo
Hirsch und Dr. Josef Ticho (beim: Wiener Ziivillandes-
gericht den Grafen auf Ungültigkeitserklärung dieses Kauf-
vertrages und Rückstellung des Kaufpreises geklagt und be-
haupteten in der vor dem Hofrat Dr. Engelbogen abge-
haltenen Verhandlung, daß dieser Ofen keineswegs, wie auf
einer Kachel eingegraben, aus dem Jahre 1591 stamme,, son-
dern höchstens sechzig bis siebzig Jahre alt sei. Sie bestritten,
daß dieser Ofen ein Werk des Meisters Resch sei, der im
16. Jahrhundert tatsächlich kunstvolle Kachelöfen für den
Erzbischof von Salzburg und andere hohe Herrschaften an-
fertigte. Der Beklagte bestritt durch Dr. Hunna eine Irre-
führung der Kläger. Er wisse aus Erzählungen und der Fa-
milientradition, daß dieser Ofen seit undenklichen Zeiten im
Ahnensaale des Schlosses stand. Der verstorbene Kunst-
historiker Alfred von Wialoher-Molthein halbe über
diesen Ofen mehrere Abhandlungen geschrieben und be-
hauptet, daß er ein Werk des berühmten Hans Resch sei. Der
Beklagte habe beim Verkaufe dieser Antiquität zumindest im
guten Glauben gehandelt und sei der Preis angemessen ge-
wesen. Schließlich seien die Kläger die Fachleute und er nur
ein Laie. Der Vorsitzende schilderte die Schwierigkeiten], einen
Sachverständigen für alte Keramik zu finden. Schließlich wurde
 
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