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Jahn, Otto
Pentheus und die Mainaden — Kiel, 1841

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https://doi.org/10.11588/diglit.5918#0007
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Selbstvertrauen sich ihr gegenüber. "vernichtet ihn ihre übermächtige Allgewalt. So irren die
Töchter des Proitos, die den Dienst des Dionysos verschmäht, rasend durch die Länder,
bis sie Melampus gesühnt und die Argivischen Weiber befiel rasende Wulh, dass sie ihre
eignen Kinder schlachteten. Pentheus aber, der Sohn der Agaue, und Herrscher von
Theben, suchte vergeblich dem Taumel zu wehren, der alles ergriff', denn auch er ver-
läugnete Dionysos, „der, selbst ein Gott, den Göttern geopfert wird, damit durch ihn den
Sterblichen das Heil komme." °) Vergebens wurden ihm die deutlichsten Beweise, dass
er wider einen Gott kämpfe, er liess nicht ab von seiner blinden Wulh. Die Gelahrten
desselben, die er gefangen hatte, wurden durch unsichtbare Macht befreit, ja Dionysos selbst
Jiess sich in Gestalt eines Jünglings als Gefangener vor ihn hinführen, und trat aus dem
Pallast, in den man ihn gefesselt geführt und welchen er in Flammeri aufgehen liess,
frei wieder vor ihn hin, um ihn zu warnen, vergebens, Pentheus spottete des neuen Gottes
und bereitete sich selbst sein Verderben. Denn da er nun selbst auf den Kithairon 6)
eilte, um dort unbemerkt die Mainaden zu belauschen und dann um so sicherer zu
fangen, bethörte Dionysos den Töchtern des Kadmos die Sinne. Im Pentheus, der
auf einem Baum sich verborgen hatte, erblickten sie ein wildes Thier, wüthend rissen sie
den Baum 7) um, und stürzten über ihn her. vergebens rief er seine Mutter und ihre
Schwestern um Erbarmen an. sie hörten ihn nicht, in rasender Verblendung zerrissen
sie ihn, und frohlockend trug die Mutter das blutige Haupt des Sohnes als ein ent-
setzliches Siegeszeichen davon. Erst da die grässliche That vollbracht war, schwand der
Nebel vor ihren Augen und sie erkannte, was sie gethan, jammernd sammelte sie die
zerfleischten Ueberreste des einst so theuren Sohnes und nach seiner Bestattung verliess
sie die Vaterstadt.

Dieses sind die Grundzüge des Mythos, wie ihn die alten Schriftsteller im
Ganzen übereinstimmend erzählen, 8) und wie er im Wesentlichen — das dürfen wir
annehmen — durch die Tragödie ausgebildet worden ist. Es lässt sich von vorne herein
vermuthen, dass ein Stoff, der die Macht und Herrlichkeit des Gottes, dem das Fest

s) Eurip. Bacch. 284 f. iioq #joiff< <n(vt!nctt 9to( ytyiäg,

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6) Am Ahhange des Kithairon zeigte man noch später den Ort, Strab. IX, p. 408 I); nach anderer Sage

geschah die That auf dem Pnrnassos. Aisch. Elim. 24 ff. das. Schol.
') Diesen Baum göttlich zu verehren, wurde später den Krauen von der Pythia befohlenf weshalb man

aus demselben zwei Bilder des Dionysos schnitzte. Paus. IX, 2, 0'.
") S. Theoer. Id. XXVI. Nonn. Dionys. XLIV, XLV, XLVI. Oppian Cyneg. IV, 228 ff. Apollod.UI,

5, 2. Ovid. Met. III, 513 ff. Serv. z. Virg. Aen. IV, 469. Hygin. Kab. 184. Mythogr. Vat. 11,83.

Vgl. auch Paus. II, 2, 7. IX, 5, 4.

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