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Ernst Zimmermann

stellt1). Es gibt liier sowohl öffentliche wie private
Sammlungen, von denen letztere jedoch, wofern man
nicht gerade die einheimische Fayencenkunst stu-
dieren will, fast die wichtigeren sind. Unter diesen
steht hinsichtlich der chinesischen Keramik die des
Kronprinzen unbedingt an erster Stelle. Sie ist in
einigen der wundervollen, reich, aber dabei doch un-
gemein vornehm von Tessin, dem Erbauer des im Mit-
telpunkt der Stadt gelegenen königlichen Schlosses,
dekorierten Räumen untergebracht und fügt sich trotz
deren gänzlich andersartigen Charakters diesen merk-
würdig gut ein. Der Kronprinz hat in der Hauptsache
nur die frühen Erzeugnisse Chinas gesammelt, von der Prähistorie an bis zur Sung- und
Yüanzeit. Am reichsten vertreten sind hier jene reizvollen plastischen Grabbeigaben der
Han- und T angdynastie, die erst seit so kurzer Zeit durch Bahnbauten ans Tageslicht ge-
kommen sind und uns so überraschende Aufschlüsse über die künstlerischen Anfänge der
chinesischen Keramik gegeben haben, bisher jedoch leider von der allgemeinen Kunst-
geschichte fast noch gar nicht beachtet worden sind, obwohl sich unter ihnen mit das Beste
und Großartigste findet, was die Plastik der frühesten Zeiten hervorgebracht. Nur in der
ägyptischen, assyrischen und frühgriechischen Kunst finden sich Werke, die ihnen an
Kraft und Wucht der Durchführung gleichkommen. Fast alle bisher bekannten Typen
sind hier in dieser Sammlung vertreten, viele in ausgesuchten Exemplaren: schützende und
schreckende Gottheiten, Priesterfiguren, Diener und Dienerinnen, dann die vielen Haus-
tiere, die dem Toten auf seinen Weg ins Jenseits zum Unterhalt mitgegeben wurden. Beson-
ders schön und selten ist hier eine ungewöhnlich große, stehende männliche Figur mit helm-
artiger Kopfbedeckung und schmerzhaft verzerrtem, weit geöffnetem Mund, wohl mit die
schönste, die es auf diesem Gebiete geben wird, Abb. 19. Dann eine Reihe von Kamelen
mit lebensvollen Kopfbewegungen, die größten Tierdarstellungen, die man bis jetzt wohl
hier kennt, sowie einige jener so frisch aufgefaßten Darstellungen von Pferden in ihren meist
so erregten Haltungen. Unter den Gefäßen der F angzeit gibt es eins jener bekannten mit
durcheinandergeflossenen gelben, grünen und violetten Glasuren, an denen sich für uns
das erste Bestreben der chinesischen Keramik zeigt, zu reicherer Farbigkeit zu gelangen.
In der hier befindlichen, kleinen Schale stellt sich ein neuer, bisher wohl kaum fest-
gestellter Versuch dieser Art dar durch Auf legen einer aus vier einzelnen Blättern ge-
bildeten Blume auf andersfarbigen Grund. Dann weiter Beispiele jener leicht rahm-
x) Die Möglichkeit, diese Sammlungen gesehen zu haben und hier schildern zu können, verdanke ich der
freigebigen Unterstützung des weiterhin erwähnten Stockholmer Sammlers Iwan Traugott, dem ich an dieser
Stelle noch einmal meinen besten Dank aussprechen möchte.

Abb. 21. Räucherbecken, Ting-yao
Stockholm, Slg. des Kronprinzen von Schweden
 
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