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Ernst v. Bassermann-Jordan


Abb. 37. Was man nicht sammeln soll
In der Tasche verriebenes, reliefiertes Gehäuse
einer für die Ghätelaine bestimmten Uhr


Abb. 38. Was man nicht sammeln soll
Schlechtes Kupferemail

Denn das würde ich für Entstellung, wenn nicht
geradezu für Fälschung halten. — Alle andern Arten
von Uhren lasse man völlig wie sie sind, man be-
wahre sie nur pfleglich. Gar noch alte Taschen-
uhren tragen zu wollen, ist eine Quälerei für die
Uhr und für den Träger, denn die Taschenuhren
haben schon als sie neu waren den Anforderungen
von heute nicht entsprochen, geschweige denn
jetzt, wo diese Uhren verbraucht sind. Wenn
Schiller 1782 in „Kabale und Liebe“ schreibt: „Was
fang’ ich mit Leuten an, deren Seelen so gleich
als ihre Sackuhren gehen?“ so ist das dichterische
Lizenz.
Man könnte mir entgegnen, daß man ja auch alte
Geigen weiterbenützt, die dadurch angeblich immer
besser werden. Der Vergleich ist aber schon des-
halb unrichtig, weil bei der Geige die sich abnützen-
den Teile, die Saiten, fortwährend erneuert werden
ohne Qualitätsverlust für das Ganze und ohne Ein-
griff in das Wesen des Instruments. Werden aber in
einer alten Uhr originale Teile erneuert, so ist dies
eben ein Verlust am Altertumswert der Uhr und
nahezu eine Fälschung.
Hat nun ein Sammler eine Uhr mit Pendel oder
Unruhe erworben, die vor Erfindung dieser Gang-
regler entstanden ist, so wird er zunächst viel-
leicht die Diskrepanz der Dinge nicht empfinden.
Empfindet er sie aber oder wird er darauf auf-
merksam gemacht, so wird er vielleicht auf den
Gedanken kommen, die neueren Gangregler durch
nachgeahmte alte zu ersetzen. Ein Uhrmacher,
der in solchen Arbeiten erfahren und geübt ist,
auch die nötigen historischen Kenntnisse dazu mit-
bringt, wird sich finden und wird die neue Ände-
rung vornehmen wie er jeden anderen Auftrag
auch ausführen würde. Damit ist aber m. E. eine
reine Fälschung geschehen. Man lasse also doch
alles wie es ist und „verbessere“ nicht dadurch,
 
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