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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 3.1870

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Semper, Hans: Donatello, seine Zeit und Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.51375#0012
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Die Vorläufer Donatello’s.

Derselbe bildet eine Kette von Unfällen und Gefahren für Florenz.
Pisa wird nach Jacopo Appiani’sTode von dessen Sohne Gherardo, der nur
Elba und Piombino behält, an Visconti verkauft (1399); in Florenz wüthet
die Pest (1400); in Lucca gelangt Paolo Guinigi mit Visconti’s Hülfe zur
Herrschaft (1400); der neuerwählte König von Deutschland, Ruprecht von
der Pfalz, der, so zu sagen, im Solde von Florenz, mit einem Heere gegen
Visconti zog, wird bei Brescia aufs Haupt geschlagen (1401), Bologna, die
treueste Bundesgenossin von Florenz wird von Alberigo da Barbiano, Vis-
conti’s General, im Sturm genommen, wobei der Herr der Stadt, Giovanni
Bentivoglio, kämpfend fällt (1402). Nur Cortona unter Francesco de Casoli
harrt bei Florenz aus.
Aengstlich schaute dieses sich nach der letzten Hülfe um, unschlüssig,
ob sie bei Venedig, bei Ladislaus oder beim Papste zu suchen sei; schon
liess Giangaleazzo Visconti die Krone anfertigen, die er sich in Florenz als
König von Italien auf’s Haupt zu setzen gedachte, da starb er eines plötzlichen
Todes bei Marignano am Lambro, unweit Pavia, von wo er vor einer an-
steckenden Krankheit geflohen war, am 3. September 1402.
Auch während dieses zweiten Krieges, der sich um die Existenz von
Florenz drehte, hatte die unterdrückte Parthei des Volkes, mehr noch aber
seiner vornehmen Freunde und Schmeichler in der Verbannung nicht aufge-
hört, an den bestehenden Zuständen zu rütteln. Kurz nach einander, in den
Jahren 1396, 1397 und 1400 fanden drei Putschversuche der Emigranten
statt, bei deren zweitem ein unschuldiger Sohn des Maso degli Albizzi er-
mordetwurde, was nur dazu diente, das Volk von den Aufrührern abzustossen.
Hinrichtungen und zahlreiche Verbannungen besonders von Gliedern der
Familien Medici, Alberti, Scali, Ricci, ja selbst Strozzi, Adimari und Altoviti
waren die jedesmalige Folge dieser Unruhen.
So edle Patrioten aber auch in den Reihen der herrschenden Optimalen
sich befanden, so ruhmvoll sie auch durch die schwersten Gefahren hindurch
die Stadt zu immer grösserer Macht undBlüthe führten, so energisch sie auch
alle widerspenstigen Elemente niederzuhalten wussten, die Fundamente ihrer
Herrschaft wurden dennoch zwar langsam aber um so sicherer untergraben,
oder vielmehr die ächten Fundamente, die Liebe und das Vertrauen des
Volkes, waren gar nie vorhanden. Durch mittelalterliche Geringschätzung der
niedern Stände, durch veraltete Einrichtungen, worauf sie ihre Macht stützten,
verletzten die Optimalen das Volk, und zudem war ein oligarchisches Regiment
von vornherein dem Zeitgeist entgegen, der eben nach politischer und socialer
Gleichstellung Aller strebte. Die Medici waren es, welche verstanden, sich
als Vorkämpfer aller modernen Bestrebungen aufzuwerfen und dadurch den
Gimpel „Volk“ ins Garn zu locken. Ein unklares Streben nach E m a n ci p a ti o n
 
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