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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Inama-Sternegg, Karl Theodor von: Die Luckhner und Guetl, zwei Brunecker und Brixner Malerfamilien des XVI. Jahrhunderts
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Hilbert, K.: Das Grab des hl. Wenzel
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0271
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K. Hilbert Das Grab des hl. Wenzel

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Aus dem eingangs mitgeteilten Geburtsbriefe
geht nun hervor, daß Lorenz Luckhner zur Zeit der
Ausstellung desselben für seinen Sohn Andreas min-
destens schon 24 Jahre in Brixen ansässig war, so
daß er spätestens im Jahre 1528 dorthin gekommen
sein dürfte. Was nun Lorenz Guetl über seinen und
Lorenz Luckhners gleichzeitigen Aufenthalt in
Bruneck sagt, läßt zwei Deutungen zu: Die erste
ist die, daß sie beide ungefähr 28 Jahre lang in
Bruneck bei einem Meister Michl in Arbeit gestan-
den seien. Dies erscheint, da beider Söhne: Wolfgang
Guetl und Andreas Luckhner, um das Jahr 1550
schon selbständige Maler waren und Lorenz Guetl
1563 bereits gestorben war (die Zeit des Ablebens
Lorenz Luckhners läßt sich nicht angeben, dürfte
jedoch in dieselbe Zeit fallen), ganz gut möglich,
der Beginn ihrer Tätigkeit in Bruneck würde sonach,
wenn man annimmt, daß der Brunecker Aufenthalt
dem Brixner unmittelbar vorausgegangen sei, unge-
fähr in das Jahr 1500, bei Einrechnung eines geringen
zeitlichen Zwischenraumes noch in das letzte Jahr-
zehnt des XV. Jahrhunderts zu verlegen sein. Es er-
schiene nun sehr verlockend, jenen Meister Michl
als Michael Pacher anzusprechen, um so mehr, als
meines Wissens ein anderer Meister Michel in
Bruneck bis nun nicht bekannt wurde. Dies stellt
sich aber, wenn man die Angabe Guetls wörtlich
nimmt, daß sie also 28 Jahre bei einem und dem-
selben Meister waren, als auf den 1498 gestorbenen
Michael Pacher unanwendbar heraus. Wir müssen da-
her, wenn wir nicht annehmen wollen, daß Guetl
nur sagen wollte, sie seien 28 Jahre in Bruneck und
hiervon einige Zeit auch bei Meister Michel gewesen,
einen andern, späteren Meister Michel in Bruneck
annehmen, der noch dazu so bekannt war, daß es in
Brixen genügte, ihn nicht näher zu bezeichnen.

Die zweite Deutung ist die, daß Guetl mit dem
Ausdrucke: „biss inn die 28 Jar" nur sagen wollte:
„vor ungefähr 28 Jahren". Dann ist der Zeitpunkt,

Wappenbuche (Archiv der Tiroler Adelsmatrikelgenossen-
schafl in Innsbruck) den Namen „Martin Guettel" und
dazu ein Wappen an: Natürl. Gams in weißem Schräg-
rechtbalken in Rot, Stechhelm, rotweißer Wulst und Decke,
Helmzier: natürl. wachsend. Gams. Ohne Zeitangabe. Dieses
Wappen gehört jedoch jedenfalls erst dem spaten 16. Jahr-
hundert an; Lorenz Guetl war, wie wir oben sahen, nicht
siegelmäßig, da er seine Aussage beeiden mußte, während
der wappenmäßige Hans Zoppolt dieselbe besiegelte. Wolf-
gang Guetl siegelte mit dem Kiinstlerwappen. Vgl. über
Solbach: C. Fischnaler: Das Solbachsche Wappenbuch,
Ztschr. des Ferdinandeums 3. F., 45. H. 1901, S. 218 ff.
und über das Künstlerwappen: F. Warnecke, Das Künstler-
wappen. F.in Beitrag zur Kunstgeschichte. Berlin, 1887.

zu welchem beide in Bruneck tätig waren, etwa in
das Jahr 1524 zu setzen und der Meister Michl kann
nur ein Nach-Pacherscher, bis nun unbekannt ge-
bliebener Meister Michl gewesen sein.

Wie dem auch sei, jedenfalls sind hiermit zwei
Meister nachgewiesen, welche spätestens im zweiten
Jahrzehnt des XVI. Jahrhunders in Bruneck als Ge-
hilfen, später in Brixen selbständig tätig waren und
deren Söhne als Maler in Brixen bezw. in Meran
nachweisbar sind.

Paul Luckhner dürfte als Bruder Lorenz
Luckhners anzusprechen sein.

Zum Schlüsse sei wiederholt, daß vorliegende
Nachrichten nur gelegentlich gesammelt wurden und
sich durch systematische Forschung nach den beiden
Familien wohl vermehren ließen. Hoffentlich gelingt
es dann auch, Werke dieser Künstlergeschlechter
aufzufinden, wodurch die vorliegenden urkundlichen
Nachweise erst greifbaren innern Wert für die tiro-
lische Kunstgeschichte erlangen würden.

Carl Inama v. Sternegg

Das Grab des hl. Wenzel

Im Jahre 1907 wurde mir der Auftrag erteilt,
für die St. Wenzelskapelle beim Prager Dome einen
neuen Altar zu entwerfen, welcher aus einem großen
Legate des verstorbenen Dompropstes Hora ange-
schafft werden sollte.

Die Aufgabe erschien mir nicht leicht, denn
meine Studien führten mich zur Überzeugung, daß
der bestehende Altar über dem ursprünglichen Grabe
des hl. Wenzel steht, welcher Ort selbstverständlich
nicht verlassen werden durfte. Da aber der Altar in
keiner Achse der Kapelle stand, erschien nichts selbst-
verständlicher als den neuen Altar in eine der Achsen
zu situieren. Die besonders großen Dimensionen des
Altartisches, welcher im Jahre 1671 vom Erzbischof
von Billenberg errichtet wurde, führten mich noch
auf den Gedanken, daß im Tische selbst der Reli-
quienschrein, welcher in gotischer Zeit ober dem Altare
stand, untergebracht sein könnte.

Deswegen strebte ich die Eröffnung und Unter-
suchung des Altartisches beziehungsweise eines unte-
ren Grabes an. Meiner diesbezüglichen Bitte wurde
von Sr. Eminenz willfahrt, und der Altartisch wurde
am 4. April d. J. geöffnet.

In der aus Marmor errichteten Umhüllung fand
sich eine hohle, aus Sandstein gebaute Tumbe, welche
im Sandsteinmaterial, in der Bearbeitung und durch
die Steinmetzzeichen ein Werk des Peter Parier er-
kennen ließ. Sie ist also noch jene Tumbe, welche

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