Römische Medaillons.
83
Vgl.Cohen, II, 337,428, planche XI, 428. Sammlung Blacas.—British Museum p. 10, 19, plateXIII 2
Ueber die Deutung der Figur ist heute kein Zweifel mehr. Schon Steinbüchel hat die Bezeichnung
Cabirus ' im Katalog der Sammlung Tiepolo durch handschriftliche Bemerkung in Silvanus corrigirt.
Verschieden ist nur die Auffassung jenes durch eine gerade Linie angedeuteten Gegenstandes, auf welchen
Silvan den linken Arm stützt. Grueber sieht darin einen Pfeiler, Cohen einen Baum, obwohl den
Abbildungen zufolge beide Münzbilder gleich sind. Die Ansicht Gruebers verdient den Vorzug. Die
Haltung der Figur, namentlich die Stellung des linken Armes und Fusses, verlangt für beide einen Stütz-
punkt, einen hochgelegenen für den ersten, einen tiefgelegenen für den zweiten; dem entspricht ein Pfeiler
mit vortretendem Sockel, aber nicht ein Baum. Nicht selten kommen solche Pfeiler auf Medaillonbildern
als Stützen (vgl. Tafel V, 8) oder als Beiwerk (vgl. Tafel V, 19) vor. Ueberdies ist neben dem Hunde schon
ein Baum (nach Cohens Abbildung eine Eiche) angebracht, dessen stärkere Aeste beschnitten sind; man
versteht recht wohl, dass der von Silvan gehaltene Ast von diesem Baume genommen ist.
Dies ist für die Deutung des Bildes wichtig. Silvan wird hier dargestellt als Pflanzer in seiner Obsorge
für den Wuchs der Bäume, nicht mit dem zarten Setzling, den er an der Wurzel trägt, durch den Wald
schreitend,2 sondern mit dem abgeschnittenen Aste, sei dies ein verdorbener, der vom Baume entfernt
wurde,3 oder ein Schnittling, welcher neu eingesetzt zu werden bestimmt ist; das Eine wie das Andere
symbolisirt die Pflege der Bäume. Mit letzterer hängt wohl auch das Gefäss zusammen, welches auf dem
Altar vorne steht, insofern es das dem Silvan dargebrachte Opfer* andeutet. Augenscheinlich ist auch
diese Darstellung auf ein Fest zu Ehren des Silvanus als Gott des Wachsthums zu beziehen.5
*e
26, antoninvs AVG PIVS PP TR P XXII Kopf von rechts.
Rev. Im Abschnitt: COS im. — Der Kaiser auf einem im Schritte gehenden Pferde, von rechts, wird
von Victoria bekränzt; letztere geht neben dem Pferde und in gleicher Richtung. Vor dem Kaiser ein
Tropaeum mit niederer runder Sturmhaube, an dem Pfahle steht eine gefangene Frau (von rechts), den Kopf
geneigt, die Hände auf den Rücken gebunden, vor ihr sitzt ein gefangener Mann, von links, die Hände
ebenfalls auf den Rücken gebunden; er ist, wie es scheint, unbekleidet.
Perlenrand. Röthliche Bronze; 38 Mm. Durchmesser, 4 Mm. dick, 42-8 Gr. — Auf beiden Seiten
insbesondere auf der Rückseite verwetzt.
Erworben 1840. — Arneth, Synopsis, Num. Roman, p. 98, nr. 329.
Leider ist der nur aus diesem Exemplar bekannte Medaillon nicht gut erhalten. So viel man erkennen
kann, haben die Gefangenen keine Attribute, in welchen ihre Nationalität sich aussprechen würde; sie sind
eben im Allgemeinen als gefangene Feinde charakterisirt. Aber von anderer Seite her lässt sich feststellen,
welchem Volke sie angehören. Denn augenscheinlich gehören dieser Medaillon, der aus dem Jahre 159
(TR • p • XXII) stammt, und der nächstfolgende aus dem Jahre 160 (TR ■ P • XXIll) zusammen, insoferne auch
in letzterem der Kaiser als der siegreiche Kriegsherr des römischen Reiches dargestellt wird; auch auf
diesem sind Victoria und ein ganz ähnliches Tropaeum in das Münzbild aufgenommen. Aus letzterem wird
sich nun erklären, dass der betreffende Sieg in Africa errungen wurde, wo der Kaiser die Mauren zwang,
um Frieden zu bitten und eine Rebellion in Aegypten unterdrückte.6 Wahrscheinlich ist in beiden Me-
daillons nicht die letztere, sondern der Krieg gegen die erster«) gemeint, da ein bezwungener Aufstand
1 Man hielt das Messer in der Hand Silvans für einen Hammer, das Gefäss für einen Amboss und rieth daher auf
einen Kabir.
2 ,____et teneram ab radice ferens, Silvane, cupressum.» Virgil, Georg., I, 20.
3 «Luporum exactor et fulguritarum arborum.» Lucilius bei Non. Marc, p. 110. Vgl. Preller, Rom. Mythologie
p. 348, Note 1.
4 Cato, De re rustica, c. 83, schreibt als Opfer an Mars Silvanus für das Gedeihen der Rinder drei Pfund Dinkel vier
Pfund Speck und vier Pfund von den Knochen gelöstes Fleisch, Alles in einem Gefässe, und drei Sextarien Wein (i-5 Liter)' auch
in einem Gefässe, vor.
5 Vgl. darüber vorzüglich Mannhardt W., Antike Wald- und Feldculte, p. 119 und an mehreren anderen Stelle
6 Historia Aug., Ant. Pius, c. 5: »et Mauros ad pacem postulandum coegit......In Achaia etiam atque A
rebelliones repressit.
11*
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Vgl.Cohen, II, 337,428, planche XI, 428. Sammlung Blacas.—British Museum p. 10, 19, plateXIII 2
Ueber die Deutung der Figur ist heute kein Zweifel mehr. Schon Steinbüchel hat die Bezeichnung
Cabirus ' im Katalog der Sammlung Tiepolo durch handschriftliche Bemerkung in Silvanus corrigirt.
Verschieden ist nur die Auffassung jenes durch eine gerade Linie angedeuteten Gegenstandes, auf welchen
Silvan den linken Arm stützt. Grueber sieht darin einen Pfeiler, Cohen einen Baum, obwohl den
Abbildungen zufolge beide Münzbilder gleich sind. Die Ansicht Gruebers verdient den Vorzug. Die
Haltung der Figur, namentlich die Stellung des linken Armes und Fusses, verlangt für beide einen Stütz-
punkt, einen hochgelegenen für den ersten, einen tiefgelegenen für den zweiten; dem entspricht ein Pfeiler
mit vortretendem Sockel, aber nicht ein Baum. Nicht selten kommen solche Pfeiler auf Medaillonbildern
als Stützen (vgl. Tafel V, 8) oder als Beiwerk (vgl. Tafel V, 19) vor. Ueberdies ist neben dem Hunde schon
ein Baum (nach Cohens Abbildung eine Eiche) angebracht, dessen stärkere Aeste beschnitten sind; man
versteht recht wohl, dass der von Silvan gehaltene Ast von diesem Baume genommen ist.
Dies ist für die Deutung des Bildes wichtig. Silvan wird hier dargestellt als Pflanzer in seiner Obsorge
für den Wuchs der Bäume, nicht mit dem zarten Setzling, den er an der Wurzel trägt, durch den Wald
schreitend,2 sondern mit dem abgeschnittenen Aste, sei dies ein verdorbener, der vom Baume entfernt
wurde,3 oder ein Schnittling, welcher neu eingesetzt zu werden bestimmt ist; das Eine wie das Andere
symbolisirt die Pflege der Bäume. Mit letzterer hängt wohl auch das Gefäss zusammen, welches auf dem
Altar vorne steht, insofern es das dem Silvan dargebrachte Opfer* andeutet. Augenscheinlich ist auch
diese Darstellung auf ein Fest zu Ehren des Silvanus als Gott des Wachsthums zu beziehen.5
*e
26, antoninvs AVG PIVS PP TR P XXII Kopf von rechts.
Rev. Im Abschnitt: COS im. — Der Kaiser auf einem im Schritte gehenden Pferde, von rechts, wird
von Victoria bekränzt; letztere geht neben dem Pferde und in gleicher Richtung. Vor dem Kaiser ein
Tropaeum mit niederer runder Sturmhaube, an dem Pfahle steht eine gefangene Frau (von rechts), den Kopf
geneigt, die Hände auf den Rücken gebunden, vor ihr sitzt ein gefangener Mann, von links, die Hände
ebenfalls auf den Rücken gebunden; er ist, wie es scheint, unbekleidet.
Perlenrand. Röthliche Bronze; 38 Mm. Durchmesser, 4 Mm. dick, 42-8 Gr. — Auf beiden Seiten
insbesondere auf der Rückseite verwetzt.
Erworben 1840. — Arneth, Synopsis, Num. Roman, p. 98, nr. 329.
Leider ist der nur aus diesem Exemplar bekannte Medaillon nicht gut erhalten. So viel man erkennen
kann, haben die Gefangenen keine Attribute, in welchen ihre Nationalität sich aussprechen würde; sie sind
eben im Allgemeinen als gefangene Feinde charakterisirt. Aber von anderer Seite her lässt sich feststellen,
welchem Volke sie angehören. Denn augenscheinlich gehören dieser Medaillon, der aus dem Jahre 159
(TR • p • XXII) stammt, und der nächstfolgende aus dem Jahre 160 (TR ■ P • XXIll) zusammen, insoferne auch
in letzterem der Kaiser als der siegreiche Kriegsherr des römischen Reiches dargestellt wird; auch auf
diesem sind Victoria und ein ganz ähnliches Tropaeum in das Münzbild aufgenommen. Aus letzterem wird
sich nun erklären, dass der betreffende Sieg in Africa errungen wurde, wo der Kaiser die Mauren zwang,
um Frieden zu bitten und eine Rebellion in Aegypten unterdrückte.6 Wahrscheinlich ist in beiden Me-
daillons nicht die letztere, sondern der Krieg gegen die erster«) gemeint, da ein bezwungener Aufstand
1 Man hielt das Messer in der Hand Silvans für einen Hammer, das Gefäss für einen Amboss und rieth daher auf
einen Kabir.
2 ,____et teneram ab radice ferens, Silvane, cupressum.» Virgil, Georg., I, 20.
3 «Luporum exactor et fulguritarum arborum.» Lucilius bei Non. Marc, p. 110. Vgl. Preller, Rom. Mythologie
p. 348, Note 1.
4 Cato, De re rustica, c. 83, schreibt als Opfer an Mars Silvanus für das Gedeihen der Rinder drei Pfund Dinkel vier
Pfund Speck und vier Pfund von den Knochen gelöstes Fleisch, Alles in einem Gefässe, und drei Sextarien Wein (i-5 Liter)' auch
in einem Gefässe, vor.
5 Vgl. darüber vorzüglich Mannhardt W., Antike Wald- und Feldculte, p. 119 und an mehreren anderen Stelle
6 Historia Aug., Ant. Pius, c. 5: »et Mauros ad pacem postulandum coegit......In Achaia etiam atque A
rebelliones repressit.
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