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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 5.1887

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Boeheim, Wendelin: Über einige Jagdwaffen und Jagdgeräthe, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5532#0122

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I 04 Wendelin ßoeheim.

auch Handschuhe, damit das Gewehr, welches ich zuerst sähe, nicht anliefe. Es war aber eine Flinte, ein
Paar Pistolen und ein Degen, alles von Stahl mit sehr vielen erhabenen zarten Figuren, gewiss unvergleich-
lich gearbeitet und verguldet. Sie sind allhier in Düsseldorf von einem Namens Hermann Bongard gemacht.
Ich habe dergleichen mein Lebtage nicht gesehen.« Nach ihm hat Füssli in seinem Künstlerlexikon eines
Armand Bongarde mit dem Beisatze gedacht, dass derselbe um 1700 thätig gewesen sei, und dass man von
ihm Flinten, Pistolen und andere Warfen mit erhabenen und sehr fein ausgearbeiteten Bildern erblicke.

Werke von Bongarde kommen, wenn auch nicht mehr zahlreich, doch in mehreren der ersten
Waffensammlungen noch zur Ansicht. In den kunsthistorischen Sammlungen des österreichischen Kaiser-
hauses findet sich ausser der hier beschriebenen noch eine gleich vorzüglich gearbeitete Jagdflinte mit Be-
schlägen von geschnittenem Eisen, ferner ein Paar gleichgeformter Jagdpistolen, Läufe und Schlösser mit
geschnittenen und vergoldeten Verzierungen. Die Schäfte besitzen schön gezeichnete Einlagen aus Silber,
ähnlich jenen, wie sie auf Arbeiten des ziemlich gleichzeitigen Gruche in Paris vorkommen. Auch hier
erblickt man auf den Läufen Reliefs, welche sich auf einen siegreichen Feldherrn beziehen. Endlich ver-
zeichnen wir noch ein Paar reichverzierter Pistolen; sie gehören zweifelsohne zu den ältesten Arbeiten
Bongarde's, da dieselben noch die Schnapphahn-Batterie besitzen. So reich dieselben auch ausgestattet sind,
so wenig sind sie in den Details vollendet durchgeführt und lassen besonders die figuralen Gestalten noch
jene Anmuth und Grazie vermissen, die die Figuren an dem hier beschriebenen Gewehre auszeichnen.

Im Musee d'Artillerie in Paris befindet sich eine reichgezierte Flinte, deren Lauf italienischer Her-
kunft ist, das geschnittene Schloss ist von der Hand Bongarde's. Zwei Jagdflinten mit seiner Signatur
werden im Museum des Arsenales zu Woolwich bewahrt. In der königlichen Gewehrgalerie zu Dresden
ist der Meister, wenn auch nicht in seinen schönsten Arbeiten, doch am reichsten in deren Zahl vertreten.
Die dort bewahrten Flinten seiner Hand besitzen durchwegs Läufe anderer, meist Brescianer Werkstätten.
Interessant unter selben ist eine Jagdflinte, welche unter die Lieblingsgewehre des Herzogs Christian von
Sachsen-Weissenfeis zählte; ferner eine reichgezierte Jagdflinte mit italienischem Laufe mit einer Pfanne
aus lauterem Gold, beide tragen den Namen des Meisters. Die letztere soll das Geschenk eines Kurfürsten
von der Pfalz sein, eine Tradition, die sich durch die drei Buchstaben auf dem Laufe »C • L ■ P«, d. i. »Ca-
rolus Ludovicus Palatinus« (f 1680) vollends bestätigt.

Ueber die Herkunft und den Bildungsweg des Meisters ist bisher nichts bekannt geworden. Ist er
ein Franzose, dann ist sein Erscheinen weit vor der Rücknahme des Edicts von Nantes (i685) gewiss ein
vereinzelter Fall. Wir finden seinen Namen unter den Pariser Armuriers, deren Listen bis 1 55g hinan-
reichen, nicht.1 Nach der Orthographie des Ortsnamens DVSSELDORP, dem wir consequent begegnen, ist
er ein Niederländer. Diese Annahme hätte Einiges für sich, da der Name an der unteren Maas öfter an-
getroffen wird.2 Lassen aber auch diese Anzeichen seine Herkunft aus den Niederlanden vermuthen, seine
Arbeiten tragen vollständig den Charakter der kräftig aufblühenden französischen Schule eines Lebrun, im
Ornamentalen eines Jean Berain oder George Charmeton an sich.3 In seinen reizenden, luftigen Compo-
sitionen, trotz ihrer Kleinheit von meisterhafter, correcter Ausführung, in der Anwendung und Vertheilung
seiner Decorationen in dem gegebenen Raum, in der Erzielung eines wunderbaren Einklanges der Form
zur Zier steht er unübertroffen da, und er ist als der hervorragendste Vermittler französischen Geschmackes

1 Nouvelles archives de l'art francais, 1872, 1873.

2 Ein Rainerius Bongard, aus dem Jülich'schen gebürtig, war um die Mitte des XVI. Jahrhunderts Rector der San« Ser-
vatiusschule zu Mastricht.

3 Wie gross der Einfluss des in Angelegenheiten des Kunstgeschmackes zur Zeit allmächtigen Jean Berain, des Dessi-
nateur des menus plaisirs du Roi, besonders auf das kleine Kunsthandwerk und speciell auf die Büchsenmacherkunst in Frank-
reich gewesen ist, das beweist die reiche Sammlung von Abdrücken, von Schlossblechen und Gewehrgarnituren, welche die
Bibliothek des Instituts in Paris besitzt und von welchen eine bedeutende Menge theils von Berain selbst gezeichnet ist, theils
die Merkmale seines Stils an sich trägt. (Handschriftliche Mittheilungen des Inspecteur des Beaux-Arts, Monsieur A. de Cham-
peaux, in Paris.) Als Autoren waren Berain mehrere bedeutende Meister wie Antoine Jacquard 1624, Philipp Daubigny 1635 bis
1665, Thurenne genannt le Hollandais 1660, Francois Marcou 1666 vorangegangen, keinem aber gelang es das Handwerk mit
sich zu reissen wie Jean Berain (le pere) mit seinem Werke: Diverses pieces tres utiles pour les arquebuziers. Eine zweite Aus-
gabe veranstaltete, rasch nach der ersten, dessen Sohn gleichen Namens 1667. Es erschien in Paris bei Lebion.
 
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