Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Maximilian <Römisch-Deutsches Reich, Kaiser, I.>; Schultz, Alwin [Editor]; Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]; Treitzsaurwein, Marx [Oth.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien): Der Weisskunig — Wien, 6.1888

DOI issue:
Der Weißkunig
DOI article:
Zweiter Theil
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.5732#0082
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
52

zugericht, darynnen das kind durch ainen cardinal nach cristenlicher Ordnung und gesatz der cristenlich
kirchen mit grosser andacht getauft ward, und der vertriben kuniglich fürst aus dem land Otnap hueb
das kind mit sonder begir aus der tauf, damit er von dem alten weißn kunig geert was. Nach volpringung
der tauf redet der fürst dise wort: »got ist wunderperlich und gibt seine wunder durch grosse ding zu

5 erkennen, und so ich nun in diser zeit von dem Türken vertriben worden und in meiner armuet und elend
zu diser eer kumen (fol. 97 b) bin, das ich das kind aus der tauf gehebt hab, so glaub ich, dann mich mein
geist darzu bewegt, das mir got die genad gethan, wie Symony in dem templ, der da gesehen hat seinen
hailand und erlöser des menschlichen geschlechts. Also hab ich das kind mit Verleihung der götlichen
genad aus der tauf gehebt, der mich durch sich oder sein frucht gegen meinen veinden, die mich vertriben

10 haben, rechen und die Türken mit streitperer hand diemuetigen wird.« Dise wort bedeuten künftig
auslegung, die noch beschehen werden mit warer tat. Nach diser tauf ward das götlich ampt durch den
cardinal mit grosser andacht gesungen und volpracht, und darynnen got gepeten, disem kind gnad und
craft zuverleihen, das nichts anders durch dasselb kind gewurkt werde, dann nach gefallen seiner götlichen
mayestat, zu hail (fol. 98 a) und seligkait desselben kinds seel. Es ist on zweifl: wo got geert, gelobt und

15 glorificirt wird, dasselbst ist die genad gots.

(fol. 99») Wie nach der tauf und Volbringen des gütlichen ambts über dasselb kind

gotlich segen gesprochen sein worden.

er alt weiß kunig bewegt mit grossem vleyss des seines kindes leben und bedacht, wie
nach seinem abgang das sein kind sein ganz kunigreich als der naturlich erb, wo ime got
das leben ließ, besitzen und gewaltiglichen regiren, auch durch den einfluß des himels
noch vil kunigreich überkumen und auch in die höchst eer und regirung gesetzt wurde,
dardurch derselb, sein sun, in hoffart und vergessen möcht kumen der götlichen gnaden,
davon ime dieses alles kumen were, als dann die verachter gottes thun. Der alt weiß
kunig der betrachtet auch, wie er zu Rom (fol. 99 b) got den almechtigen gepeten het, ime dermassen kinder
25 zu geben, die nach dem götlichen willen lebten, und kam in sölicher betrachtung dermassen gegen got in
ein andacht, das er sprach und rueft zu got also: »o herr, almechtiger got, ain erkenner aller herzen, ain
erhörer der gerechten, ain liebhaber der, die dich liebhaben, ain überflüssiger geber denen, die in dich
hofen! ich bit dich, behalte meinen samen in deiner gnad und manigfeldig ine in gerechten werken.« Nach
sölichem ließ der alt weiß kunig das kind für den altar tragen und opfert das got, und der cardinal
30 sprach über das kind dise wort, die gepet und segen: »o du heilige drivaltigkait, ain ainiger got! die eer
und lob ist allein dein, und alle ding sein von dir! sich an das lebentig opfer, das dir durch deinen diener
in diemuetigkait beschicht und, bit dich (fol. 100a), emphach das kind in dein genad, darynnen es kumen ist
in diz zergenglich liecht. O du milter, gebender got! verleich disem kind fristung seiner tag, gesundhait seins
leibs und recht verstentnus, das er in seinen jaren mit maß und weishait regir bis in das begerend alter,
35 und sein samen von ainer gepurt in die ander gemert werde, auch das er in allen widerwertigkaiten die
gedultigkait trag und streit gegen den ungläubigen, zu merung des kristenlichen glaubens und zu hail seiner
seel, wie du, unser herr Jesu Cristi, in deiner marter gestriten und den pösen veind überwunden und damit
das menschlich geschlecht von dem ewigen tod erlöset hast. O ewiger got und himlischer vater! ich be-
vilch dir das kind in dein götlich weishait; o du guetiger got, herr Jhesu Crist! ich bevilh dir das kind in dein
40 götlich parmherzigkait; o du milter (fol. 100b) got, heiliger geist! ich bevilch dir das kind in dein götlich
gnad und gesegen das kind also in dem namen got des vaters, got des suns und got des heiligen geists.
 
Annotationen