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Maximilian <Römisch-Deutsches Reich, Kaiser, I.>; Schultz, Alwin [Hrsg.]; Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]; Treitzsaurwein, Marx [Bearb.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien): Der Weisskunig — Wien, 6.1888

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Der Weißkunig
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Zweiter Theil
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https://doi.org/10.11588/diglit.5732#0098
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I26a)

Wie der jung weiß kunig in der erzney lernet.

achdem nun der jung weiß kunig in der swarzen kunst gelernt und sich der alt weiß

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jxj kunig erkundiget, das sein sun die verfuerung des menschen und verdambnus der seel
£n in derselben eytl kunst erfarn het, was er gar fro, das sein sun wisset die erzney
seiner seelhayl, die dann ainem jeglichen menschen vor allen andern dingen not ist
Aj zu wissen. Und nach sölichm betrachtet der alt weiß kunig, wie sein sun in seinem
£y leben not thun wurde, das er wisset die erzney seins leibs, aus den Ursachen oft ain

mensch kürzt ime sein leben mit überflüssigem trinken, etliche mit überflüssigem essen, etliche mit zu
vil erzeney(fol. i26b)nemung, etliche den vergeben wird. Darfor sich oft ain mensch wol verhueten möcht,

io und je großmechtiger ain kunig ist, je paß hat sich derselb kunig zu hueten, damit er sein leben bring in
das begerend alter. Wie gelert mueß ain sölicher kunig sein! welcher doctor der erzney wird demselben
kunig geleichen! Der alt weiß kunig gab seinem sun ainen gelerten man zu, der ain hochgelerter doctor
was, der lernet den jungen kunig allen grund der erzney. Aber des jungen kunigs verstand was in
derselben kunst vil mer dann die lernung. Und auf ain zeit sprach der doctor zu dem jungen kunig in

15 verporgner red dise wort: » das wissen der erzney ist vil kranken verporgen. « Darauf gab der jung weiß
kunig ime die antwurt: »das wissen ist mer dann der unerkundigt rat, und die (fol. 127a) haltung ist die
volkumenhait der zeit des lebens.« Dise red ward dem doctor zu scharpf und sprach zu dem jungen
weisen kunig: »lege mir dise deine wort aus; was maynest du damit?« Darauf gab der jung weiß kunig
ime die antwurt: »die erkenung und aufmerkung, das ain krank mensch selbs thuet in nemung und

20 wurkung der erzney, ist mer dann die überflüssig erzney, und welher mit der speiß und trank lebt nach
begerung der natur, auch nach emphindung des leibs und nach Weisung der Vernunft, der lebt in seinen
tagen in wolmugen und erraicht seine aufgesetzte jar.« Darauf ime der doctor kain antwurt geben kunt
und gieng zu dem alten weißen kunig und zaiget ime an, was sein sun in der erzney weiter lernet, das
were ain uberfluß, des sich der alt weiß kunig frewet (fol. 127 b). Sölich lernung kam dem jungen weisen

25 kunig zu grossen staten, dann in seinen jaren hat es sich begeben, das er zu zway malen in krankhait ge-
fallen ist, und wo er ime nach seiner aufmerkung seiner krankhait und emphindung seins leib nit selbs die
rechtmässig erzney erdacht und genomen het, so het er durch die erzney, die ime doch in guetem gegeben
und wider sein krankhait und natur was, sterben muessn. Es haben sich auch oftmalen etlich frembd
nacion understanden, ime vergeben zu lassen, das sy aber nye bekumen haben mugen aus seiner er-

30 kennung und verhuetung der Vergebung. Weiter, so were gar vil zu schreiben von seiner Ordnung und
massigkait, die er mit dem essen und trinken gehalten, damit er alle ander kunig ubertroffen hat. Ich
(fol. 128 a) het ainen lust gehabt, das ich sölichs in diesem puech het beschriben, aber von der leng wegen
hab ich sölichs underlassen muessen; wil dannoch drey artikel melden, der erst: diser kunig hat gelebt
mit dem essen und trinken auf das allerkostlichist; der ander: er hat mit den malzeiten gehalten die

35 Ordnung; der drit artikel: er hat mit seinem verstand auf sein natur und wurkung seins leibs gemerkt.
Dabei laß ichs beleihen: ein jeder doctor und gelerter der erzney versteet die anheng und auslegung diser
dreyer artikl wol.
 
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