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Maximilian <Römisch-Deutsches Reich, Kaiser, I.>; Schultz, Alwin [Hrsg.]; Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]; Treitzsaurwein, Marx [Bearb.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien): Der Weisskunig — Wien, 6.1888

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Der Weißkunig
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Zweiter Theil
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https://doi.org/10.11588/diglit.5732#0100
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(fol. I2g a)

Wie der jung weyß kunig lernet die handlung des secretari ambts.

uf ein zeit betrachtet der alt weiß kunig der weit lauf und befand durch sein regirung,
wo ein mechtiger kunig in dem canzler ampt und in dem secretari ampt nit erfaren
und kundig were, das demselben kunig je zu Zeiten nachtail daraus erwuechsen. Nem-
lichen aus den Ursachen, das ein kunig nit albegen sein gemuet offenwaren und auch
sein regirung und sein vertrawen in ain ampt oder person setzen solle; es ist genueg
davon gemeldt. Aus sölicher bewegung nam der alt weiß kunig seinen sun ain zeit zu
ime und prauchet ine mit der scbreiberey, was dann ainem canzler und secretari zugehöret, das dann
aines jeden kunigs maist re(fol. 129 b)girung ist, dardurch er sich möcht erkunden den grund der regirung
10 und erkennen lernen die aigennutzign. Der alt weiß kunig prauchet ine in sonderhait vast darynnen, und
der sun was ganz vleyssig, und in kurzer zeit begriff er die haupt artikl; darab het der vater ein sonder-
liche grosse frewd. Und auf ain zeit sprach der vater zu ime: » sun versteestu aber den grund der schrift-
lichen regirung?« Der sun gab dem vater die antwurt". »welher kunig in ain person sein vertrawen setzt,
und hat in seiner handlung mit seiner schönen red bei ime gelauben, derselb und nit der kunig regirt.
15 Weiher kunig die unwarhaftigen und aigennutzig nit erkennt, demselben kunig wird sein gelt und reich
in vil tail getailt. Weiher kunig die warhaftigen und die in der rechten eer lebn nit lieb hat, (fol. 130 a)
derselb kunig ist ein verzerer seins volks und ein austilger der gerechtigkait.« Der vater was diser red gar
fro, das sein sun den grund der regirung verstund, und als derselb jung weiß kunig zu seinen jaren und in
sein regirung kam, da het er gar vil secretari, den er dann allen genug zu schaffen gab, und zoch dieselben
20 secretarien albegen von jugent nach seinem willen auf. Er ließ auch kainen brief nit ausgeen, es was die
sach klain oder groß, er uberlaß zuvor denselben brief und underschrib alle brief mit seiner hand. Wie
vleyssiglichen hat diser kunig regirt, dann man söliche regirung von kainem kunig geschriben findt! Er
ist auch so ubertreffenlichen gewest mit angebung der brief und mit seiner gedachtnus, das er oftmalen
newn, zehen, aintlif und zwelf (fol. 130 b) secretarien zu ainer zeit, jedem secretarien ainen besondern brief
25 angeben hat, und die ganz regirung aller seiner kunigreich und land ist allain von ime beschehen, neben
allen den grossen kriegen, die er in frembde nacion und land gefuert hat.

(fol. 132 a)

Von des jungen weyßen kunigs miltigkait.

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er jung weiß kunig het ein sondere grosse tugend und naturliche aigenschaft mit der
miltigkait; dann als oft sein vater der alt weiß kunig ime gelt geben Hesse, so tailet
der jung weiß kunig dasselb gelt under die grafen, herrn, ritter und knecht, die ime
sein vater zugeordent het, und sein miltigkait die meret sich für und für bey ime nach
kuniglichn eren. Auf ain zeit sprach der vater zu ime: »sun, ein jeder kunig solle milt
sein, aber nit so milt, als du anfallest.« Darauf gab der sun dem vater die antwurt: »ich
wird nit werden ain kunig des gelts, sonder ich wil werden ein kunig des volks und aller der, die gelt
haben, und ain yeder kunig bestreit und bekriegt (fol. 132 b) mit dem volk und nit mit dem gelt seine
 
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