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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Bergmann, Ernst von: Die Statue des Sebkiemsauf
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0007
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DIE STATU E DES S E BKIEMSAU F.

Von

Dr. Ernst Ritter von Bergmann.

mm

er engumschriebene Kreis der Aufgaben, welche der Plastik des alten Reiches ge-
stellt waren, erscheint im mittleren Reiche nicht erweitert und ebensowenig ist
ein Vorschreiten zu grösserer Vollendung zu bemerken. Während die Architektur
zu reicherer Entfaltung gelangte und neue Formen schuf, verharrte die Bildkunst
in den alten Bahnen und beschränkte sich auf die Nachahmung gegebener Typen.
Ja sie vermochte, obwohl sie in Oberägypten die Unbeholfenheit ihrer Anfänge
bald überwunden hatte, nicht einmal völlig die Leistungen der alten memphiti-
schen Schule zu erreichen.

Unter den plastischen Werken dieser Periode nehmen jedoch nicht die im strengen, officiellen
Stile gearbeiteten Königskolosse, bei denen das Typische in Gestalt, Gesichtsbildung und Haltung vor-
herrscht, unser Interesse zumeist in Anspruch, sondern jene Statuen von Privatleuten, welche der Natur-
wahrheit mehr Rechnung tragen. Aber auch bei letzteren beschränkt sich die Bezeichnung des Indivi-
duellen in der Regel auf die Gesichtszüge, während die Körperformen in der gewohnten schematischen
Weise wiedergegeben sind. Sorgfältig ausgeführte Bildwerke, die eine individuelle Behandlung sowohl
des Kopfes als auch des Körpers zeigen, hat uns das mittlere Reich nur wenige hinterlassen. Nannte man
die Statuen des Rähotp und seiner Gemahlin Nofret in Bulaq, welche Maspero in seiner L'Art egyptien
mit, wie mir dünken will, zweifelhafter Berechtigung in diese Zeit verweist, und etwa die von Stein-
dorff in der deutschen Ausgabe des genannten Werkes beschriebene Berliner Statuette des Tetu, so war
deren Zahl, so weit meine allerdings beschränkte Kenntniss des Denkmäler-Materiales reicht, erschöpft.
Doch auch diese vorzüglichen Arbeiten stellen Personen in der Blüthe der Jahre ohne besonders charak-
teristische Körperbildung dar. Zwar liefern einige in den Museen vorfindliche plumpe Statuetten mit
dicken Bäuchen (z. B. Catalogo di Torino, p. 423, Nr. 3082 und 3o83) den Beweis, dass eine realistische
Kunstrichtung auch im mittleren Reiche fortbestand, aber ein grösseres plastisches Werk von der Ori-
ginalität jener vielgerühmten naturalistischen Statuen des alten Reiches, welches dieselbe Freiheit und
Bestimmtheit in der Modellirung individuell entwickelter Gliedmassen oder in der Wiedergabe abnormer
und sogar missgestalteter Körperformen bekundet, war aus dem ersten thebanischen Reiche bisher
nicht bekannt.

Dass aber auch die damaligen Künstler vortreffliche Arbeiten der gedachten realistischen Stil-
gattung schufen, davon legt eine aus der Zeit der XIII. Dynastie (circa 1900 v.Chr.) stammende hervor-
ragende Statue, die aus dem Museum von Miramar in die kaiserliche Sammlung gelangte, vollgiltiges
Zeugniss ab. Leider ist dieselbe beschädigt; doch glückte es mir, in einem von Herrn Macalister in den
Proceedings of the Society of Biblical Archaeology IX, 125 beschriebenen Statuenfragment des Dubliner
Nationalmuseums den fehlenden Fusstheil zu entdecken, von dem Herr Director Ball gefälligst einen
Gipsabguss überliess. Das nunmehr vervollständigte Bildwerk unbekannten Fundortes darf auf Beach-
tung seitens der Kenner und Schätzer ägyptischer Kunst Anspruch erheben und soll deshalb hier des
Näheren besprochen werden.

XII. 1
 
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