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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
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Schneider, Robert von: Gian Marco Cavalli im Dienste Maximilians des Ersten
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0204
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GIAN MARCO CAVALLI IM DIENSTE MAXIMILIANS DES ERSTEN.

Von

Dr. Robert Ritter von Schneider.

ie kostbare Sammlung von Skizzen und Handzeichnungen alter
Meister in der Akademie der schönen Künste zu Venedig ent-
hält unter so vielem Vortrefflichen nicht als ihr Geringstes ein
mit dem Namen des Leonardo da Vinci versehenes Blättchen,1
auf dem in zierlicher und fleissiger Ausführung mit Feder und
Tusche das segnende Christkind und zwei Porträtköpfe, ein
männlicher und ein weiblicher, gezeichnet sind (Taf. XIII, i).
In dem scharfen Profile des männlichen Kopfes mit dem Barette
und dem auf Schultern und Nacken fallenden Haare kann man
die Gesichtszüge Kaiser Maximilians des Ersten nicht ver-
kennen. Ist aber dieser Fürst dargestellt und nicht, wie man
ohne Grund vermuthet hat, Lodovico il Moro, so wird Niemand
das Porträt von dessen Gemahlin, Beatrice d'Este, hier suchen.
Für die Benennung des weiblichen Kopfes bieten sich alsdann nur die beiden Frauen Maximilians zur
Wahl dar und ein Blick auf deren gleichzeitige Bildnisse setzt es ausser Zweifel, dass wir Bianca Maria
Sforza, die zweite Gemahlin des Kaisers und Lodovicos Nichte, vor uns haben.

Ivan Lermolieff (Morelli), der ausgezeichnete Kenner der alten italienischen Malerei, hat zuerst
diese Bildnisse richtig bestimmt und zugleich auch bestritten, dass Leonardo, dessen Name eine vor-
eilige Hand an den Rand des Blättchens geschrieben hat, der Zeichner dieser Skizzen war. Er spricht
sie einem von ihm sozusagen erst wiederentdeckten Meister zu, der sich auf einem 1502 gemalten Por-
träte Maximilians in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses Ambrogio de
Predis aus Mailand nennt. Mit Hilfe dieses signirten Werkes hat Lermolieff in einer Reihe anderer
Bildnisse in verschiedenen Galerien die Hand des seinerzeit geschätzten und am Hofe der Sforza in
Ehren gehaltenen Malers erkannt und es ist ihm auch gelungen, aus Urkunden einige Nachrichten über
das Leben dieses vergessenen Künstlers zu sammeln.2

In der That kann die Uebereinstimmung in den Gesichtszügen Maximilians auf der veneziani-
schen Zeichnung und dem Wiener Bilde kaum vollständiger gedacht werden. Hier wie dort sehen wir
den Kopf mit dem Barette bedeckt, in gleicher Haltung und im Profil nach derselben Seite gewendet.
Beide Male ist in ganz gleicher Weise das Haupthaar in zwei Partieen getheilt, von denen die eine sich
nach vorne biegt, die andere, grössere über den Nacken fällt. Neben diesen Uebereinstimmungen sind
die Unterschiede in der Tracht des Fürsten unbedeutend und von geringem Belange. Es liegt wenig

1 0-08 hoch, 0-15 breit.

2 Lermolieff, Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin (Leipzig 1880),
s- 456 Anmerkung und jetzt weitläufiger in den Kunstkritischen Studien über italienische Malerei: Die Galerien Borghese
und Doria Panfili in Rom (Leipzig 1890), S. 23o—246, wo zu S. 23o das Wiener Porträt, zu S. 240 die venezianische Hand-
zeichnung abgebildet ist.

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