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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

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I. Theil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Die Bilderhandschriften Königs Wenzel I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0237
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DIE BILDERHANDSCHRIFTEN KÖNIGS WENZEL I.

Von

Dr. Julius von Schlosser.

•3

as reiche königliche Land Böhmen ist am Ende des 14. Jahr-
hunderts nicht blos politisch sondern auch durch seine Kunst
der bedeutendste Theil des deutschen Reiches. Es verdankt
diese Stellung allein dem Umstände, dass es durch eine glück-
liche historische Fügung das Stammland eines glänzenden,
französisch gebildeten Hofes wurde und ein so reich begabter
Mann wie Karl IV. ihm seine Sorgfalt zuwandte.
Es könnte nur Sache einseitiger Befangenheit sein,
wenn man einerseits leugnen wollte, dass der Grund-
stock der Kunst wie der Cultur in Böhmen — wie
hätte dies anders sein können! — durchaus deutsch
ist, anderseits aber auf diesem festen Grunde sich
ein Gebilde entwickelte, auf welches man das viel
missbrauchte Wort: »national« mit gutem Rechte
anwenden kann. Die böhmische Kunst oder vielmehr die
Prager Hofkunst war eine Pflanze, die ihrer slavischen
Muttererde in einem von deutschen Händen geformten Ge-
lasse entspross und hin und wieder von wälschen Gärtnern gepflegt und veredelt wurde. Sie trägt Züge
germanischen, slavischen und romanischen Wesens.

Am lebhaftesten war dies internationale Kunstleben der Hauptstadt Prag unter Karl IV. Da wirkt
Meister Mathias von Arras am Baue des Veitsdomes, an welchem venezianische Mosaicisten ihr müh-
sames Werk beginnen; da malt neben dem Rheinländer Wurmser der Trevisaner Thomas da Mutina
und der vielleicht einheimische Meister Theodorich, der die bedeutendste Stellung eingenommen zu
haben scheint. Auf der Höhe des Laurenziberges aber hauste eine bunte fremdländische Gesellschaft
unter luftigen Zelten, die Teppichweber, welche Karl aus dem Orient hatte kommen lassen.

Einen interessanten Einblick in das Künstlerleben am Hofe der Luxemburger gewährt das von
Pangerl herausgegebene Buch der Malerzeche in Prag. Bis in die letzten Jahre Wenzels ist das deutsche
Element entschieden das führende; von da ab beginnt die Reaction des sesshaften slavischen Elements
im Zusammenhange mit den politischen Ereignissen, gleichzeitig aber auch die Decadence Böhmens,
deren Anblick den letzten Luxemburgern nicht erspart geblieben ist.
 
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