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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Dollmayr, Hermann: Raffaels Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0260
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Fig. I. Die Schüler und Gehilfen Raffaels an der Arbeit in den Loggien.
(Nach einem Stukkorelief.)

RAFFAELS WERKSTÄTTE.

Von

Hermann Dollmayr.
I.

in Blick auf die Schule gehört mit zu dem Bilde eines Künstlers. Die Schule er-
zählt uns von seiner Lehrgabe und Lehrlust, von dem Umfange, in welchem er
neben dem Künstler auch Unternehmer und Geschäftsmann war; sie veranschau-
licht das Verhältniss dessen, was abgesehen und in cursirende Münze umgesetzt
werden kann, zu dem Persönlichen und Unübertragbaren. Das Letztere ist immer
das Werth vollere.«'

Auf Raffaels Schule hat man diesen Blick bisher nur sehr flüchtig geworfen,
weshalb das Bild seines späteren Wirkens noch immer so viele fremde Züge an sich trägt, die es ent-
stellen. Es gilt darum den Versuch, das Verhältniss klarzumachen, in dem der Meister zu all den
Leuten stand, die ihm bei seinen Unternehmungen in die Hand arbeiteten. Vielleicht gelingt es dann,
von ihm als Künstler eine reinere Anschauung und eine richtigere Vorstellung zu gewinnen.

Bevor ich jedoch an meine eigentliche Aufgabe herantrete, scheint es mir nothwendig, sämmtliche
Künstler an uns vorbeiziehen zu lassen, die man früher und zum Theil noch heute seine Schüler
nennt. Denn niemals wieder wurden in der Kunstgeschichte so viele und so schwere Irrthümer begangen
und niemals wieder bedurfte es so grosser Mühe, sie gutzumachen, als bei der Frage nach dem Um-
fange und der Zusammensetzung der Werkstätte Raffaels.

Die Hauptquelle aller schiefen Ansichten darüber ist, wie immer, Vasari, der uns berichtet:
»Raffael hielt stets unzählige Leute in Arbeit, half ihnen und belehrte sie mit einer Liebe, wie
sie nur eigenen Kindern, nicht blossen Kunstgenossen zukommt. Dadurch geschah es, dass man ihn
niemals nach Hofe gehen sah, ohne dass er, von seinem Hause ab, fünfzig Maler bei sich gehabt hätte,
die, alle tüchtig und gut, ihm das Geleite gaben, um ihn zu ehren. Kurz er lebte nicht wie ein Maler
sondern wie ein Fürst.«2

1 C. Justi, Velasquez II, p. 261.

2 Vasari, IV, p. 384, Ausgabe G. C. Sansoni, nach der ich auch fernerhin citire.
 
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