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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in der kaiserlichen und in anderen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0411
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Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke in den kaiserlichen und in anderen Sammlungen.

das Ende des XIV. Jahrhunderts der Lentner allmälig abgelegt wurde und der Plattenharnisch in Auf-
nahme kam, wurde die Verwirrung anfänglich nur noch grösser. Durch die endlosen Competenz-
streitigkeiten, bei welchen die allerdings fähigeren Haubenschmiede rücksichtslos und in hohem Grade
unduldsam auftraten, wurde dem Rathe eine Verbesserung der Zustände bedeutend erschwert.

Dass unter solchen Verhältnissen eine technische Weiterbildung des Harnisches, der ja fort-
während eine Ausgestaltung seiner Formen erfuhr, nicht von Nürnberg ausgehen konnte, ist begreif-
lich und in der That spielte darin bis zum Anfange des XVI. Jahrhunderts Mailand die leitende Rolle.
Erst von dieser Zeit an, unter dem Einflüsse des Kaisers Maximilian I. und nach endlich gelungener
Beilegung der ärgsten Zunftstreitigkeiten wird auch Nürnberg auf dem Formengebiete selbstständiger;
neben dem altberühmten Mailänder ersteht der Nürnberger Harnisch und fast gleichzeitig wird der-
selbe auch ein beliebter Gegenstand künstlerischer Ausschmückung. Die ersten Künstler Nürnbergs
sind auf diesem Gebiete mit ersichtlichem Interesse, ja selbst mit Vorliebe thätig. Dürer ebenso wie
seine Schüler haben an der allgemeinen Formenausgestaltung wie an der decorativen Ausstattung
tüchtig mitgewirkt. Aber diese Zeit einer Kunstblüthe nahm bald wieder ein Ende.

Wenn die Harnischerzeugung Nürnbergs von jener Zeit an nicht in dem Masse sich weiter ent-
wickelte, als nach dem fachlichen Aufschwünge am Beginne des XVI. Jahrhunderts zu erwarten war,
so lag die Ursache in der kurzsichtigen Politik des Rathes. Maximilian I. wendete sich allmälig den
Augsburger Plattnern zu; damit kamen zum Schaden Nürnbergs die dortigen Erzeugnisse zu grossem
Rufe. Immerhin aber blieb in gewöhnlicher Waare Nürnberg bis in das XVII. Jahrhundert herein der
Hauptort deutscher Harnischerzeugung.

Die ältesten Beziehungen von Nürnberger Plattnern zum Kaiserhofe weisen bis jetzt auf Konrad
Poler (1492—1500) und auf Hans Grünewalt, welch' letzterer sich in aller Welt eines ausgezeichneten
Rufes erfreute und auch zu ansehnlichem Wohlstande gelangte. Johann Neudörfer, der seine Nach-
richten von Künstlern und Werkleuten 1547 verfasste und, 1497 geboren, den Meister wohl selbst kaum
mehr gekannt haben konnte, widmete demselben einige rühmende Worte, indem er bemerkt, dass er wegen
seiner Kunst in grossem Ansehen gestanden sei.1 Dr. G. W. K. Lochner, der Interpret Neudörfer's,
bringt zuerst Näheres über denselben; sein Material aus dem Stadtarchive von Nürnberg bietet aber
vorwiegend nur Daten über seine bürgerlichen Verhältnisse und nur sehr wenig über seine künstlerische
Thätigkeit.

Hans Grünewalt, der Sohn des Haubenschmiedes Hermann Grünewalt, wird von 1464 an in den
Rathsbüchern genannt. Gerade von dieser Zeit an häufte sich der Begehr nach den neuen Platten-
harnischen und der Massenerzeugung derselben hatte der Meister seinen Wohlstand zu verdanken.
Wiewohl in den kaiserlichen Sammlungen Harnische ebenso wie einzelne Helme vorhanden sind,
welche die Nürnberger Marke tragen und ihrem Alter nach in die Lebenszeit Grünewalt's fallen, so ist
diesem doch bei dem Abgange jeder Meistersignatur keiner dieser Gegenstände zuzuschreiben. Und
dennoch wissen wir, dass der Meister und mit ihm auch der Plattner Konrad Poler in Nürnberg für die
Kriegsausrüstung Kaisers Friedrich III. wie für jene des Königs Maximilian I. überaus stark beschäf-
tigt war.2

Hans Grünewalt war in Folge der Güte und Schönheit seiner Arbeit vom Hofe bevorzugt und
dieser betraute ihn auch mit mehr Bestellungen als seine Handwerksgenossen; dagegen aber wirkte
der Rath, in dessen Bestreben es gelegen war, Niemand im Handwerke beeinträchtigt zu sehen. Dieser
Widerstreit der Interessen führte zu Ende des Jahres 1489 zu einer heftigen Einsprache der Zunft-
genossen, so dass sich der Rath sogar genöthigt sah, sich unmittelbar an den König Maximilian selbst

1 Des Johann Neudörfer, Schreib- und Rechenmeisters zu Nürnberg, Nachrichten von Künstlern und Werkleuten
daselbst aus dem Jahre 1547, nach den Handschriften und mit Anmerkungen herausgegeben von Dr. G. W. K. Lochner,
Stadtarchivar zu Nürnberg (Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance,
herausgegeben von R. Eitelberger v. Edelberg, X. Band, Wien 1875).

2 Vergl. über die Bestellungen: Jahrbuch, Regest 902, 2223, 2228, 2253, 2574, 4210, 4390, 4827, 4860, 4882, 4885
5722, 5724, 5730, 5733, 5754—5760, 5762—5764, 5768, 5769, 5772—5774, 5791, 5851, 5868, 5886,5887 und 7104.

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