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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 16.1895

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II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Uhlirz, Karl: Urkunden und Regesten aus dem Archive der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5778#0556
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URKUNDEN UND REGESTEN

AUS DEM

ARCHIVE DER K. K. REICHSHAUPT- UND RESIDENZSTADT WIEN.

HERAUSGEGEBEN VON

KARL UHLIRZ.
I.

1289—1439.

Vorbemerkung.

Nicht bloss der Dichter sondern auch der Ge-
schichtsforscher wird »das deutsche Volk da suchen
müssen, wo es in seiner Tüchtigkeit pi finden ist, näm-
lich bei seiner Arbeit«. Tiefer eindringende Forschung
befähigt uns, die grosse und weitreichende Bedeutung
des Handwerks für die Entwickelung städtischen Wesens
immer deutlicher zu erkennen und richtiger zu wür-
digen. 1 Ungezählter und ungenannter Hände rührige
Kraft bereitet in emsiger Arbeit den goldenen Boden,
auf dem sich das stattliche Gebäude bürgerlicher Frei-
heit stolz und prangend erhebt. Und nicht früher ist
der sichernde Bau vollendet, als bis die Handwerker zu
voller Gleichberechtigung im Genüsse der politischen
und bürgerlichen Rechte durchgedrungen sind. Mit
mächtiger Hand und weiser Ueberlegung haben in Wien
die Landesfürsten aus Habsburgs Stamme diesen
Schlussstein eingefügt.

Schon in früher Zeit war hier das Handwerk %u
reicher Blüthe gediehen. Gewiss war Wien vor allem
Handelsstadt und es war %u frei in einen lebhaften und
vielseitigen Verkehr gestellt, als dass es sich zur reinen
Gewerbestadt hätte ausbilden können; aber wir würden
doch fehlgehen, wollten wir die Thätigkeit und den
politischen Stand des Weener Handwerks allzugering
anschlagen. - Empfing es doch aus dem regen Handel
stete Förderung und stand ihm doch ein weites Absatz-
gebiet im Osten offen, gegen dessen Ausnützung durch
fremde Concurren^ die Wiener Handwerker sich \u
allen Zeiten eifrig gewehrt haben. Dass die günstigen
Bedingungen reichen Erfolg herbeiführten, wird aus

1 Vgl. namentlich den von Karl Bücher verfassten Artikel
»Gewerbe« im »Handwörterbuche der Staatswissenschaften«, 3, 022ff.
und dessen Vortrag über »die gewerblichen Betriebssysteme in ihrer
geschichtlichen Entwicklung« in »Entstehung der Volkswirtschaft«,
P"g- 19ff-

2 So anerkennenswerth der jüngste Versuch von Fran^ Eulen-
burg »Das Wiener Zunftwesen« (Zeitschr. für Social- und Wirt-
schaftsgeschichte, 1 [i8gS], z64ff.) auch ist, so wird man doch
nicht allen Schlussfolgerungen des Verfassers zustimmen können.

der vorliegenden Zusammenstellung mit voller Deut-
lichkeit zu ersehen sein und wird uns auch durch andere
Zeugnisse bestätigt.

Das groessist volk, das Wienne hat,
Das sint handwerkaere,

ruft der österreichische Reimchronist aus (v. 65662)
und schildert uns dann ausführlich und anschaulich Art
und Betrieb der einzelnen Gewerbe. Diese Schilderung
wirft ein helles Licht auf den Zeitabschnitt, in dem sich
eine wichtige Wendung in der Stellung des Wiener
Handwerks vollzogen hatte. Die Babenberger und ihr
Nachfolger Ottokar waren in aristokratischer Gesin-
nung geneigt gewesen, sich allein auf Landherren und
Geschlechter Z" stützen, im städtischen Verkehre vor-
nehmlich den Kaufmann z" begünstigen. In stolzer
Abgeschlossenheit benennt der erlauchte Geschichts-
schreiber aus babenbergischem Geschlechte die Hand-
werker mit verächtlichem Namen und nur widerwillig
erkennt der Staatsmann in ihm die Thatsache an, dass
gerade auf der vollen Betheiligung der Handwerker an
der Leitung der städtischen Angelegenheiten und an dem
Kriegsdienste die Macht und Grösse der lombardischen
Städte begründet ist.3 Nicht viel freier und vorurtheils-
loser als Otto von Freising denkt mehr als anderthalb
Jahrhunderte nach ihm der österreichische Reimchronist,
der allerdings Zahl und Macht der gemeinen Hand-
werker hervorhebt, sie aber doch als povel den Ge-
schlechtern gegenüberstellt. Diese geringschätzige Beur-
theilung des Handwerks und seiner Glieder wurde nun
mit der Errichtung der habsburgischen Landeshoheit

3 Ottonis Frising. »Gesta Friderici«, 2, c. i3: Ut etiam ad
comprimendos vicinos matcria non careant, iuferioris conditionis
iuvenes vcl quoslibet contcmptibilium etiam mechanicarum artium
opifices, quos caeterae gentes ab honestioribus et überioribus stu-
diis tamquam pestem propellunt, ad miliciae cingulum vcl digni-
tatum gradus assumere non dedignantur. Ex quo factum est, ut
caeteris orbis civilatibus divitiis et potentia longe premineant.
 
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