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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 17.1896

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Abhandlungen
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List, Camillo: Wiener Goldschmiede und ihre Beziehungen zum kaiserlichen Hofe
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https://doi.org/10.11588/diglit.5904#0314
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WIENER GOLDSCHMIEDE
UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM KAISERLICHEN HOFE.

Von

Camillo List.

I. Die Kornblum.

pärlich nur sind uns die Reste von Werken der Wiener Goldschmiedekunst aus
früheren Perioden erhalten; erst von der Wende des XVII. Jahrhunderts an treten
uns derlei Arbeiten häufiger entgegen. Der Grund ihres seltenen Vorkommens ist
nicht in der geringeren Höhe und Vollendung dieses Kunstzweiges zu suchen
sondern in den vielen Kriegen, welche theils direct, theils indirect unglaubliche
Mengen von Arbeiten der Goldschmiedekunst zerstörten. Die Türkenkriege, der
dreissigjährige und der siebenjährige Krieg, schliesslich der Befreiungskampf zu
Anfang unseres Jahrhunderts, sie alle haben aufgeräumt unter den Schätzen der Edelschmiedekunst,
sowohl durch Erbeutung, Verschleppung, Brandschatzung einerseits als auch durch die Kriegscon-
tributionen andererseits. Wurde doch z. B. im Jahre 1811 der grosse silberne Sarkophag des heil. Leo-
pold in Klosterneuburg, eine unter Aufsicht von Wiener Meistern von Olmützer Goldschmieden ver-
fertigte Arbeit aus dem XVI. Jahrhundert, eingeschmolzen, um aus dem Material Bargeld zu erhalten.
Nur aus der noch im Stifte erhaltenen Federzeichnung können wir uns eine beiläufige Vorstellung
von der künstlerischen sowie von der technischen Vollendung dieses Werkes machen. Dasselbe Schicksal
erreichte auch eine hervorragende Arbeit des Wiener Meisters Joh. Bapt. Känischhauer, ein vom Kaiser
Karl VI. nach Mariazell gestiftetes goldenes Kind, den frühverstorbenen Erzherzog Leopold Johann
Joseph darstellend.

Die Zunft der Wiener Goldschmiede nahm, wenn auch nicht wie jene zu Nürnberg und zu Augs-
burg eine führende, doch immerhin eine nicht unansehnliche Stellung ein, sowohl durch persönliche
1 üchtigkeit ihrer Mitglieder als auch durch die Nähe des kaiserlichen Hofes. Das Alter der Zunft
kann nicht genau angegeben werden; denn von den Goldschmieden, die uns schon im XIII. Jahr-
hundert häufiger begegnen, wissen wir nicht, ob sie zünftig waren; die älteste uns bekannte Wiener
Goldschmiedeordnung ist die von den Herzogen Albrecht III. und Leopold III. am i3. October i366
ertheilte und dann heisst es schon »und in auch verneuet ir alt gut gewonhaiten«. In späterer Zeit,
aus der uns theilweise noch Zunftbücher1 erhalten sind, im XVI. Jahrhundert, blühte die Zunft be-
deutend. In dem Zechbuche aus den Jahren 154g—1596 ist auf p. 24 eine Liste derjenigen »alten
maister« verzeichnet, die in dem Zeiträume von 1494—1549 gestorben sind. Sie umfasst 3g Namen,
für die damalige Zeit und für die kleine räumliche Ausdehnung der Stadt immerhin eine beträchtliche
Anzahl. Das Knabenbuch aus der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts zeigt, dass aus den ver-
schiedenen Ländern Knaben nach Wien geschickt wurden, um daselbst das Goldschmiedehandwerk zu
lernen. So finden wir Deutsche (selbst aus Nürnberg, Augsburg, München), Schweizer, Niederländer etc.,
ja sogar einen Venezianer. Wenn man ferner den jährlichen Mitgliederstand der Zunft nach den

1 Sie befinden sich im Besitze der Genossenschaft der Gold-, Silber- und Juwelenarbeiter, deren Vorstand Herr Albert
Joseph Jaschke mir die Benützung bereitwilligst gestattete.

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