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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Ilg, Albert: Mathias Steinle
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Boeheim, Wendelin: Der Hofplattner des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, Jakob Topf und seine Werke
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0304
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Wendelin Boeheim.

Die Bedeutung des Wortes »Isebroke stuff« gerieth bis ans Ende des XVI. Jahrhunderts vollends
in Vergessenheit und man verstand später darunter »ice brook«, Eisbach, in der Meinung, es sei das
Material durch Eintauchen in eisig kaltes Wasser gehärtet worden, wie Othello V, 2 sagt: »It is a
sword of Spain, the ice brook's temper.« In diesem Verse zeigt sich allerdings ein unrichtiger Begriff
von der Methode des Eisenhärtens; doch fasste auch diese irrige Auffassung mit der ursprünglichen
den Begriff der Vorzüglichkeit in sich.

Aehnlich wird es sich wohl auch mit dem im Schreiben Sir Henry Lee's von 1590 erwähnten
»meteil of Hungere« verhalten, eine Bezeichnung, die kaum auf Ungarn sondern, wenn wir die be-
zügliche Stelle in dem Briefe genauer prüfen, auf irgend einen Punkt in England zu beziehen sein
wird.1

Wie mit dem Materiale, ebenso ging es mit den Werkmeistern und Arbeitern. Obwohl schon König
Heinrich VIII. bestrebt war, durch Heranziehung von fremden Werkmeistern aus Flandern, Italien
und Deutschland in die Staatswerkstätten von Greenwich und Southwark tüchtige Lehrkräfte zu ge-
winnen, so war es doch zum grossen Verdrusse der Staatsmänner sowohl ihm wie seinen Nachfolgern
nicht gelungen, weder im Geschützguss noch im anderen Waffenschmiedewesen einen brauchbaren
Stamm von Arbeitern heranzubilden. 1534 schreibt Sir Christopher Mores: »Ich wollte lieber einen
englischen Artilleristen als fünf ausländische haben.« Ungeachtet aller frommen Wünsche finden
wir schon das darauffolgende Jahr Sendschreiben zur Gewinnung von deutschen Arbeitern zum
Schmieden von Waffen für den König in Greenwich und auch noch mehr als ein Jahrhundert darnach
lesen wir von »Almayne armourers« in den Acten.

In einem Berichte über die heimische Waffenerzeugung von 1634 wird es klar ausgesprochen,
dass die Hammerwerke, welche zur Regierungszeit Elisabeths zu Deptford errichtet worden waren,
durch Captain Martin mit aus Innsbruck berufenen Leuten besetzt wurden, und auch hier finden wir
die Thatsache bekräftigt, dass die besten Eisenplatten, welche man in Mailand, Neapel und neuerlich
auch in England benützte, aus Innsbruck herstammten.

So vereinigen sich alle Berichte dahin, dass, wenn nicht schon weit früher, doch gewiss von
Königs Heinrich VIII. Zeit an sowohl in Deptford als auch in Erith Innsbrucker Werkmeister bei der
Waffenfabrikation verwendet worden sind, und diess führt uns wieder auf das vorerwähnte Schreiben
Sir Henry Lee's und auf die in demselben enthaltene Thatsache der Verwendung eines Master Work-
man Jacobi in den königlichen Werkstätten zu Greenwich zur Zeit der Königin Elisabeth.

Halten wir eine Umschau in den Acten des Innsbrucker Statthaltereiarchives, so ergibt sich, dass
Beziehungen von Tiroler Waffenschmieden zu den Inselreichen stets überaus rege gewesen und dass diese
in ziemlich frühe Zeit hinaufreichen. Schon 1460 machte Erzherzog Sigismund Jakob II. von Schott-
land, seinem nachmaligen Schwager, einen goldverzierten Harnisch zum Geschenke. Eines bedeutenden
Rufes in England erfreute sich der Innsbrucker Hofplattner Konrad Seusenhofer. Im Jahre 1514 fertigte
er einen reich mit Gold und Silber verzierten Harnisch für den König Heinrich VIII., dann zwei ver-
goldete Harnische für die Herren der englischen Botschaft, endlich über Auftrag des Kaisers einen
solchen für den Herzog (sie! Jakob IV.) von Schottland.2 Konrads Sohn Hans überbrachte 1515 den
Harnisch Heinrichs VIII. persönlich nach London und hielt sich dort einige Zeit auf.

Ein Blick auf die Abbildungen des Codex im South Kensington-Museum lehrt, dass das jüngste
Werk nicht später als 1575 gefertigt sein kann; diese Zeitbestimmung unterstützt auch der glückliche
Umstand, dass von den im Codex abgebildeten Werken noch einige im Originale theils im Tower theils
im Privatbesitze vorhanden sind. Die Betrachtung der Details dieser Originale führt zu der Ueberzeu-
gung, dass, wie schon die Schreibart des Namens erkennen lässt, der Meister Jakob ein Deutscher
gewesen ist.

1 Dillon, a. a. O.

2 Der für Heinrich VIII. gefertigte Harnisch ist noch vorhanden und bilJct eine Perle der Wafl'ensammlung im Tower
zu London.
 
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