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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0075
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68

Friedrich Kenner.

streifen, die Achseln mit rothen Schlupfen vorgestossen. Grund dunkelgelbgrau. — Katalog Nr. 354.

In der Rüstung, wenngleich in einer andern, mit Halskrause und Ordensband um den Hals er-
scheint Louis de Conde nur noch in dem Werke von Dreux de Radier,1 während die Bildnisse in Ver-
sailles2 und jenes im Musee Royal3 sowie die Zeichnungen ihn im Rocke darstellen.4 Das Gesicht
ist in den genannten Gemälden jenem unseres Bildes sehr ähnlich aber weniger charakteristisch, bei
Delpech überdies beträchtlich verjüngert. Nach seinem Aussehen in unserem Bilde scheint er dem
40. Lebensjahre nahezustehen, also das Original kurze Zeit vor seinem Tode gemalt zu sein. Der kleine
Höcker, den er trug, ist nicht merkbar. Der Prinz war auch klein von Gestalt aber wegen der geist-
reichen Unterhaltung ebenso beliebt wie wegen der Kühnheit seiner Politik und der Unerschrockenheit
im Felde angesehen; der lebhafte Geist, der aus den hier dargestellten Zügen spricht, erinnert in der
That an diese Aussage seiner Zeitgenossen.

Nach den schon oben (S. 34) angegebenen Merkmalen gehört das vorliegende Bild in eine Reihe
mit jenen, welche, wenn dies auch nicht zu erweisen ist, auf Originalaufnahmen von Francois Clouet
zurückzugehen scheinen. Das Gleiche gilt wohl auch von dem Kupferstiche des Thomas de Leu; nur
hat dieser eine Handzeichnung benützt, die später nach dem gleichen Originale hergestellt wurde.
Dieser Kupferstich gibt den Prinzen ähnlich wie unser Bild, in gleicher Wendung und in der Rüstung
aber mit dem heil. Geistorden, der erst zehn Jahre nach dem Tode des Dargestellten gestiftet wurde.

187. Cosse, Artus de, Comte de Secondigni,

zweiter Sohn des Rene de Cosse, Bruder des Charles de Brissac (Nr. 184), geboren nach 1506, führte anfänglich
den Namen de Gonnor, wurde 1550 Lieutenant, machte 1551 die Belagerung von Lens, 1555 jene von Ulpiano
und Montecalvo mit und wurde in demselben Jahre Ritter des St. Michaelsordens. Zum Capitän im Jahre 1563,
zum Grandpanetier de France 1564 ernannt, erhielt er 1567 die Würde eines Marschalls und führte seither den
Namen De Cosse. Als commandirender Generallieutenant in der Normandie machte er 1569 die siegreiche
Schlacht von Moncontour unter Anjou und 1573 die vergebliche Belagerung von La Rochelle mit. Von König
Heinrich III. 157g mit dem heil. Geistorden ausgezeichnet, starb er auf Schloss Gonnor am 15. Jänner 1582. —
Seine erste Gemahlin war Francoise de Bouchet, Tochter des Seigneur de Puygreffier, die zweite Nicole Le
Roy, Tochter des Guyon Le Roy und Witwe des Francois Raffln.

Zierliche Goldschrift: DOMINVS DE COSSE MARESCALCHVS | FRANCIE. Brustbild links, im Drei-
viertelprofil, die seitwärtsblickenden, lebhaften Augen braun, Brauen und Haupthaar graublond,
der kurze Vollbart weiss, breites, etwas rothbrüchiges Gesicht mit fast gerader schmaler Nase und
kurzem Kinne, der rothe Mund schiefstehend; auf dem Kopfe ein niederer, faltiger schwarzer Hut mit
schmaler Krampe, um welche eine Zierschnur (lichtgoldene Zacken) gelegt ist; die Agraffe auf der
linken Seite besteht aus einem dunklen Steine in schmaler Goldfassung. Der Rock schwarz, mit hohem
Halse, der mit zwei Goldknöpfchen geschlossen ist, darüber eine schmale Krause, der Oberrock eben-
falls schwarz, mit hohem, weitem aufgestellten Kragen. Um Nacken und Brust eine Goldschnur, die
daran befestigte Medaille nicht mehr sichtbar. Grund grau. — Katalog Nr. 835.

Ein gleiches Bildniss findet sich in Versailles,5 gemalt nach einem Porträte seiner Zeit. Nach dem
Alter von einigen sechzig Jahren ist das Original um 1567—1570 entstanden, sicher vor 1579, da eine
Andeutung des heil. Geistordens fehlt, die sonst wohl sicher vorhanden wäre. Das fast schattenlos und
sehr sorgfältig gemalte Bildniss erinnert in Auffassung und Modellirung an das Bildniss des Claude von
Boisy (Nr. 181); es zählt, wie schon oben bemerkt wurde (S. 34), zu den besten Bildern unserer Reihe.
Leider ist der Maler unbekannt.

Cosse Charles I., siehe Brissac (Nr. 184).

1 Europe illustree (1777), Tome I, zum Jahre 1569. Derselbe Kupferstich bei Velly, Villaret und Garnier, Recueil II,
Nr. 240.

2 Gal. hist. de Versailles, Tome X, Serie X, Section 3, Nr. 1935, hier sehr ähnlich, mit Spitzenkragen, Rock und
Ordensband.

3 Delpech, Tome I: im Rock, mit Ordensband und Halskrause, im Gegensinne.

4 Von den farbigen Handzeichnungen in Paris gibt ihn die eine (Recueil C, Nr. 15) links aber mit Hut, die andere
(Recueil D, 1550—1570) rechts und mit blossem Kopfe. Bouchot, p. 3o, Nr. 15, und p. 33, Nr. 8.

5 Gal. hist. de Versailles, Suppl. V, ohne Tafelnummer.
 
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