Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

DOI Heft:
Abhandlungen
DOI Artikel:
Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0093
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

85

dort für ihn gemalten anderen Bildern zugekommen, der Copist wohl jener, den wir an anderer Stelle 1
mit F bezeichnet haben.

206, 207. Francois de Montmorency,

älterer Sohn des Marschalls Anne de Montmorency, geboren am 17. Juli i53o, that seine ersten Kriegsdienste
unter Brissac bei der Belagerung von Lens (1551), war bei der Verteidigung von Metz (1552) und erhielt schon
1553 den Oberbefehl in Terouanne. Im Jahre 1556 zum Gouverneur von Paris und Isle de France ernannt und
mit dem St. Michaelsorden ausgezeichnet, nahm er an der Schlacht von St. Quentin (1557) und an der Belagerung
von Calais theil, wurde 1558 Grandmaltre de France, 1559 Marschall. In den Religionskriegen stand er auf der
Seite der Mittelpartei, machte die Belagerung von Havre (1563) sowie die Schlacht von St. Denis (1567) mit und
wurde in diesem Jahre Pair von Frankreich. Nachdem er im Jahre 1572 eine Mission nach England versehen,
wurde er wegen der Theilnahme an der Verschwörung, deren Zweck die Entführung des Herzogs von Alencon
war, in der Bastille gefangen gesetzt, 1575 aber freigegeben, wofür er den Prinzen an den Hof zurückzuführen
hatte. Es gelang ihm auch, einen Ausgleich mit den Hugenotten zu Stande zu bringen. Er starb in Chäteau
d'Ecouen am 6. Mai 1579 und wurde neben seinem Vater in St. Martin beigesetzt. — Seit 3. Mai 1557 war er mit
Diane de France (Nr. 208) vermählt.

206. Ohne Aufschrift. Brustbild links, im Dreiviertelprofil, die halbverdeckten Augen braun,
das kurze Haupthaar dunkelbraun, die feinen Brauen und der schmale Vollbart rothblond, hohe Stirne,
breites Gesicht, kurze, dicke Nase, die schmale Oberlippe eingesunken; in blanker Rüstung, mit breiten
gelben Zierstreifen reich geschmückt, Hals und Achselränder mit weissem, bogenförmig ausgeschnit-
tenen und mit Gold gerändertem Vorstoss2 versehen, der glatte weite Halskragen umgelegt. Grund
grau. Auf Pappe aufgezogen; auf der Rückseite Reste eines Papierblattes aufgeklebt mit der alten Auf-
schrift: C | Franciscus Monmoran . . | 2 Eius loci Dux, d. h. secundus ejus loci (seil. Monmorancii)
dux. — Katalog Nr. 827.

Bei Schrenk, Tab. XLI, und Köhler, Taf. 52, S. 201, gleich aber im Gegensinne.

207. Zierliche Goldschrift: MOVMORANTIVS (sie). Copie nach dem gleichen Originale, mehr ge-
leckt aber sehr sorgfältig gemalt; der Halskragen erscheint hier mit kleinen Zacken besetzt, der Vorstoss
an Hals und Achseln ist roth mit weissen Rändern gegeben. Der gelbe Zierstreif in der Mitte der
Harnischbrust zeigt nicht Rankenornamente wie Nr. 206 sondern einen menschlichen Fuss mit ge-
bogenem Knie und eine menschliche linke Hand. Grund dunkelgrau. Auf Pappe aufgezogen. —
Katalog Nr. 826.

Von beiden Bildern verräth Nr. 206 lebhaftere Farben, feinen Pinsel, jedoch geringere Lebens-
wahrheit. Beide gehen aber auf dasselbe alte Original zurück, nach welchem auch das moderne Ge-
mälde in Versailles gearbeitet ist; in diesem erscheint der Marschall in ganzer Figur, in gleicher Wen-
dung und gleichem Alter sowie ebenfalls in der Rüstung.3 Da die Vorlage aus Beauregard, also aus
einer jüngeren Sammlung (S. 32), stammt, liegt ihr wohl wie andern Bildnissen derselben eine alte
Handzeichnung zu Grunde.

Nach dem Alter, in welchem Francois hier erscheint, — mindestens 4ojährig — darf die Original-
aufnahme frühestens um 1570 angesetzt werden. Die Art der Darstellung ist jener der Bildnisse von
Andelot (Nr. 178), Gaspard Coligny (Nr. 185 A) und Damville (Nr. 188, 18g) sehr ähnlich, sowohl in
der Färbung des Incarnates als auch in der Ausführung; wir dürfen daher als Maler des Originales mit
Wahrscheinlichkeit jenen Etienne Dumonstier bezeichnen, von dem auch die Originalaufnahmen der
ebengenannten Persönlichkeiten herrühren.

Noch in einer anderen Beziehung sind unsere beiden Bilder lehrreich, indem sie als Beweisstücke
dafür betrachtet werden können, dass sie nicht nach Gemälden sondern nach Zeichnungen gemalt

1 Jahrbuch XVIII (1897), S. i83.

2 Auf einem der Bogen ist mit schwarzer Oelfarbe die Nummer i3 sehr fein aufgemalt.

3 Gal. hist. de Versailles, Tome VIII, Serie IX, Section 2, Nr. 1345. Die Vorlage ist das Gemälde in Beauregard,
nebenbei bemerkt, das einzige Bildniss des Francois, welches Bouchot aufführt (Portraits, p. 356, 8c Panneau, Nr. 201). —
Die treffliche Bildnissmedaille von Pastorino aus dem Jahre 1556, dem 20. Lebensjahre des nachmaligen Marschalls, gibt
ein schönes Porträt aus seiner Jugend. Sie ist abgebildet und besprochen in diesem Jahrbuch XII (1891), S. 104, Nr. 24,
Taf. IX, Fig. 6.
 
Annotationen