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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0118
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I IO

Friedrich Kenner.

Die späte Entstehung der alten Reihe ist der Grund, weshalb wir sie selbst und die ihr nach-
gebildete noch jüngere neue Reihe nicht weiter berücksichtigen werden. Es wird dies nur in jenen
Fällen geschehen, in welchen Merkmale der Porträte dieser Reihen mit Erscheinungen an unseren
Bildern übereinstimmen. Allerdings trifft dies selten ein; die Umarbeitung der alten Originale zu
Suitenbildern reicht zu tief, als dass von ihnen mehr als einzelne wenige Details erhalten geblieben
wären. Diese sind aber darum wichtig, weil sie, allerdings nur nothdürftig erkennen lassen, dass die
Vorlagen der alten Reihe, soweit sie die Zeit vor Mahomet II. betreffen, jenen keineswegs ferne stehen,
auf welche die Täfelchen im Besitze des Chaireddin, also auch die meisten unserer Sultanbildnisse,
zurückgehen. Es wird dies bei der Untersuchung der einzelnen Bilder nachzuweisen sein.

Da die orientalischen Bildnisse unserer Sammlung in einer gesonderten Tafel, F, im Saale XVI
des Hochparterres des k. k. kunsthistorischen Hofmuseums ausgestellt sind, fängt die Folge der Num-
mern, die wir hier beibehalten, mit i an und lauft bis 33.

Albanien.

I und 2. Georg Castriota (Skanderbeg),

Sohn des Johann Castriota, Herrn von Kroja und Dibre, und der Voijava, Tochter eines Triballer Fürsten, ge-
boren 1404, nach Anderen 1414, wurde, als sein Vater sich den Türken ergeben musste (1423), nebst drei Brüdern
als Geissei nach Adrianopel gestellt, am Hofe des Sultans Murad II. in der mohammedanischen Religion erzogen1
und bewies so glänzenden Muth und Klugheit, dass er schon im 18. Lebensjahre Sandschak eines Reitergeschwa-
ders wurde, mit dem er in Kleinasien bedeutende Thaten verrichtete. Nach dem Tode seines Vaters (1432) vom
Sultan mit der Aussicht vertröstet, Albanien als Fürstenthum zu erhalten, diente er Letzterem noch elf Jahre mit
grossen kriegerischen Erfolgen, benützte aber, da die Zusage nicht erfüllt wurde, den Krieg gegen Ungarn und
Polen im Jahre 1443, um im Einverständnisse mit Johann Hunyady, vor dem er zurückwich, nach Albanien zu
entfliehen, nahm dort Kroja durch List den Türken ab und wurde auf dem Tage von Alessio (2. März 1444) zum
Oberfeldherrn der verbündeten albanischen Fürsten ernannt. Durch 23 Jahre vertheidigte er mit beispielloser
Ausdauer und Sieghaftigkeit das Hochland gegen die türkischen Armeen, die zum Theile unter persönlicher Füh-
rung der Sultane Murad II. und Mahomet IL bis 1465 fast alle Jahre nach Albanien kamen, ohne die Haupt-
festung Kroja einnehmen zu können; sie wurden vielmehr Jahr für Jahr glänzend besiegt und mit schweren Ver-
lusten aus dem Lande gejagt, ungeachtet ihrer weit überwiegenden numerischen Stärke, ungeachtet von Verrath
und Zaghaftigkeit der Fürsten sowie der geringen Unterstützung, die Skanderbeg vom Abendlande fand; nur
Alfonso V. von Neapel, die Päpste Callixtus III., Pius II. und Paul IL, endlich auch Venedig unterstützten ihn
zeitweise. Seine Anerkennung als unabhängiger Fürst von Albanien durch Mahomet (27. April 1463) war eine
vorübergehende. Skanderbeg verliess Albanien nur dreimal: im Sommer 1461, um für König Fernando von Neapel
gegen Giovanni von Anjou zu kämpfen, dann im Jahre 1465, um in Rom durch eine zündende Rede vor dem
Cardinalscollegium die Hilfe des Papstes Paul II. zu erflehen, endlich zu gleichem Zwecke 1466, um Venedigs
Hilfe zu erlangen, in dessen Schutz er sein Fürstenthum stellte. Von dort zurückgekehrt, starb er in Folge von
Fieberanfällen in Alessio am 17. Jänner 1467 und wurde in St. Nicolaus daselbst bestattet.2 — Seit 26. April 1451
war er mit Done£a (oder Andronica), Tochter des Fürsten Arianites Thopia Comnenos, vermählt, die sich nach
seinem Tode mit ihrem Söhnchen nach S. Pietro in Galatina in Neapel zurückzog, das Skanderbeg von König
Fernando erhalten hatte.

1. Zierliche Goldschrift: SCANDERBEGVS. Brustbild links, im Profil, mit kleinen, dunkelbraunen
Augen, Haupthaar und Brauen, der reiche lange Vollbart grau, nur die an Schläfen und Wangen be-
findlichen Theile braun, schmale, wenig gebogene Nase und vorragender, festgeschlossener Mund; auf
dem Kopfe eine graue Haube, darüber ein nach oben ausladender, ziemlich hoher rother Hut, ohne
Krampe, mit einem gestielten rothen Knopfe, in weitem lichtgrauen Oberkleide mit Halsstreif und um-
gelegtem Kragen. Grund dunkelbraun. — Katalog Nr. 408.

2. Zierliche Goldschrift: GEORGIVS > CASTRIOTVS> SCANDERbEGVS(sic). Brustbild rechts, im Profil,
mit braunen Augen, dunkelbraunem Haupthaare, die Brauen und der lange Vollbart ergraut, kurze,

1 Bei der gewaltsamen Aufnahme in die Religion Mahomets erhielt er den Namen Skanderbeg (Alexander, der Herr).

3 Als nach der Einnahme von Alessio durch die Türken im Jahre 1476 die Kirche in eine Moschee verwandelt wurde,
liess Mahomet die Gruft eröffnen und die Leiche zur Verehrung ausstellen; die Türken erachteten es als ein Glück, Stücke
von seinen Gebeinen zu erhaschen, um sie als Reliquie und Unterpfand gleichen Kriegsglückes, wie seines gewesen war,
bei sich zu tragen.
 
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