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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
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Wickhoff, Franz: Giulio Romano und das classische Alterthum
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0185
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Giulio Romano und das classische Alterthum.

179

I.

Giulio Romano bei Raffael. Mantua. Ankäufe von Antiken, Sammlungen.

Mit dem Ruhme Raffaels von Urbino waren auch seine Aufträge gewachsen, so dass er sie,
betraut mit dem Amte des Dombaumeisters von St. Peter und der Intendantur der Ausgrabungen,
nicht mehr bewältigen konnte. Für ihn mussten die Schüler eintreten, denen er ausser der Ausführung
in vielen Fällen selbst die Composition überlassen musste, nachdem man sich über die Grundlage ver-
ständigt hatte. Da konnte es für Raffael nur die beste Bürgschaft des Gelingens sein, wenn die
Schüler auf antike Muster zurückgingen, zu deren ausgebreiteter Kenntnis und verständiger Werth-
schätzung man eben zu dieser Zeit gelangt war. Unter den Schülern allen aber setzte Raffael sein
grösstes Vertrauen in Giulio Romano, den er, wie Vasari erzählt, sehr liebte, vielleicht weil er in ihm
seinen bedeutendsten Schüler erkannt hatte. Ihm übertrug er die Oberaufsicht über die Arbeiten in den
Loggien und beschäftigte ihn, wo immer es sich um ein ehrenvolles und schwieriges Unternehmen
handelte, so dass sich Giulio bald den Namen des Principe della scuola erwarb.

Gewohnt, sich der Hilfe seiner Schüler zu bedienen, wird dies Raffael auch beim Vermessen und
Zeichnen der Monumente gethan haben, als er, durch das päpstliche Breve vom 27. August 1515 zum
Aufseher über alle Ausgrabungen in und um Rom im Umkreise von zehn Miglien ernannt, daran ging,
seine Beschreibung der Stadt zu verfassen. Da mögen ihnen unter seiner Anleitung die Augen und der
Sinn für antike Kunst aufgegangen sein und vielleicht hat hier Giulio den Grund zur Ausbildung seines
bedeutenden Talentes als Architekt gelegt.1 Die schriftlichen Quellen erzählen uns von solchen Studien
an manchen Orten.2 Wenn auch Vasaris Bericht, dass Raffael in ganz Italien bis Pozzuoli und gar
bis Griechenland seine Zeichner aussandte, um alles, was da an antiken Monumenten verstreut war,
aufzunehmen, berechtigte Zweifel aufkommen lässt, so bildete doch sicher alles, was Rom an antiken
Kunstschätzen in seinen Mauern beherbergte, den Gegenstand tiefen Studiums von seiner und seiner
Schüler Seiten und findet z. B. die Nachricht, Raffael habe seine Schüler nach den Reliefs derTrajans-
säule zeichnen lassen, in den Werken Giulios ihre vollste Bestätigung. Auf dem Boden Roms, in
der Schule Raffaels musste Giulio der Sinn und die Begeisterung für die Antike kommen, von dem
nachher seine Werke so volles Zeugnis geben sollten.

Hatte Raffael seine Zuneigung und sein Vertrauen auf Giulio schon durch die Uebertragung
der Arbeiten in den Loggien und in der Farnesina gezeigt, so kam dies auch noch nach seinem Tode
zur Geltung; denn Giulio Romano wurde mit Francesco Penni sein Erbe mit dem Auftrage, seine
begonnenen Werke zu Ende zu führen. Der gesammte künstlerische Nachlass Raffaels kam damit in
ihren Besitz und damit auch die Zeichnungen nach Antiken, wie sie in den letzten Jahren in der Schule
des Meisters gefertigt wurden. Sie sind es, die Giulio Romano seinem Gaste Vasari in Mantua
zeigte, Grundrisse der antiken Gebäude von Rom, Neapel, Pozzuoli und der Campagna und Zeich-
nungen der übrigen bekannten guten Alterthümer, zum Theil von ihm selbst, zum Theil von anderen
gezeichnet. Ihr Besitz erklärt es uns, dass Giulio weit von Rom so getreu das eine oder andere Kunst-
werk wiederholen konnte. Als er nach Mantua ging, hinterliess er bei seinem Bruder Giambattista in
Rom eine Cassette voll Zeichnungen, Cartons, Bücher und Manuscripte, worin mir Eugen Müntz
mit Recht diesen künstlerischen Nachlass Raffaels zu vermuthen scheint. Zugleich auch finden wir
als Giulios Besitz erwähnt:

»Una scatola di metallo lavorata con fogliami e ghirigori a uso di drappo di damasco in cui sono trenta
medaglie di vario tipo. Un altra scatola di legno in cui sono undici medaglie di piombo con figure diverse Una
tazetta di terracotta antica. Sei teste in gesso. Un quadretto pure in gesso. Un quadretto pure in gesso. Una
tazetta antica di legno.«

1 Wie schon J. P. Richter in seinem Aufsatze: »Giulio Romano» in Dohmes »Kunst und Künstler« bemerkte.

2 Vasari IV, 347; V, 143; V, 593; V, 52g. Fabretti, De la colonna Trajana. Alf. Ciaccones Vorrede zur Historia
utriusque belli Dacici.

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