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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 27.1907-1909

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II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Dörnhöffer, Friedrich: Albrecht Dürers Fechtbuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.5947#0306
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ALBRECHT DÜRERS FECHTBUCH.

Von

Friedrich Dörnhöffer.

L

us vierhundertjähriger rätselhafter Verborgenheit tritt hiermit ein Werk von der
Hand Albrecht Dürers zum ersten Male an das Licht der Öffentlichkeit.

Die Geschichte dieser vergessenen Schöpfung gehört wohl zu dem Seltsam-
sten, was es an Bücherschicksalen geben mag. Von dem Tage an, da sie ihr
Meister — unvollendet — aus der Hand legte, scheinen sich gleichsam Schleier
darüber gebreitet zu haben. Schon unter den überlieferten Äußerungen von
Dürers Zeitgenossen, in denen sich sein angestauntes Wirken widerspiegelt, kann

nur eine einzige genannt werden, die mit einiger Wahrscheinlichkeit auf das Fechtbuch bezogen wer-
den darf.1 Spätere Momente seiner Geschichte lassen allerdings erkennen, daß es den einzelnen Be-
sitzern bewußt war, welchen Schatz sie in Händen hielten. Es darf ja wohl angenommen werden,
daß die kostbaren Blätter, deren keines selbst eine Bezeichnung des Urhebers trägt, vom Anfang an
in einem Umschlag zusammengefaßt waren, der den großen Namen verkündete. Als zu Ende des

XVI. Jahrhunderts, wie ich annehme, die Handschrift in den Einband eingekleidet wurde, den sie
noch heute trägt, erschien der Name auf dem Einband und dem damals neu stilisierten Titel, dem zwei
Blätter mit lobpreisenden Gedichten auf den Meister folgten. Aus den ersten Jahrzehnten des

XVII. Jahrhunderts stammt eine weitere Spur ihrer Existenz: man kopierte damals Teile daraus, und
zwar sowohl Texte als Zeichnungen, und verschmolz sie mit Abschriften aus einem gedruckten Fecht-
buche und mit Pausen nach dessen Holzschnitten ziemlich gewaltsam zu einem Ganzen, dem derselbe
Titel vorangesetzt wurde, den das Original trug. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß dabei die Absicht
einer Veröffentlichung im Druck zugrunde lag. Diese Absicht blieb aber jedenfalls unausgeführt und
kein Wort der Kunde drang in die 'Öffentlichkeit.2 Verdanken die beiden Handschriften dem Schilde

des großen, zu keiner Zeit vergessenen Namens vielleicht ihre Erhaltung, so vermochte er erstaun-
licherweise doch den Bann ihrer Verborgenheit durch Jahrhunderte nicht zu brechen.

Die Geschichte ihres endlichen Bekanntwerdens beginnt — genau vor hundert Jahren — damit, daß
der Professor der Philologie und Altertumskunde an der Breslauer Universität Johann Gustav Büsching
im Jahre 1809 in der Bibliothek des Magdalenenstiftes zu Breslau auf eine Fechterhandschrift stieß, die
den Namen Dürers auf dem Titel trug. Hochbeglückt berichtete er in mehreren Artikeln der Berliner
literarischen Zeitschrift «Pantheon» 3 über seine Entdeckung eines Originalwerkes des großen Nürn-
berger Meisters und besprach sie später4 auch im Kreise der «Vaterländischen Gesellschaft» in Bres-
lau. Es verschlug ihm dabei nichts, daß der Schriftcharakter des Manuskriptes seine Entstehung im
XVII. Jahrhundert deutlich zu erkennen gab und daß die Zeichnungen selbst einen unfreien, durchaus
unkünstlerischen Zug verrieten. Schärfer Blickenden konnte dieser Zwiespalt zwischen dem Titel und

1 Vgl. S. VIII.

2 Keiner der alten Dürerbiographen wie Arend, Roth, Schöber weiß von einer Fechtbucharbeit zu berichten.

3 Pantheon, Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst 1810, Bd. I, S. 84, und III, S. l32.

4 Um 1823.

XXVII. a
 
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