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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Haberditzl, Franz Martin: Der heil. Georg des Meisters der Spielkarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0297
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DER HEIL GEORG DES MEISTERS DER SPIELKARTEN

Von

F. M. Haberditzl.

ie wichtigste Vorfrage bei Beurteilung der spärlich erhaltenen graphischen Werke
des Meisters der Spielkarten bildet die Feststellung, ob wir es im einzelnen Falle
mit einem Original, dem Abdruck von der ausgebesserten Platte, einer eigenhändi-
gen Kopie des Meisters oder einer Kopie von fremder Hand zu tun haben. Einer
derartigen Feststellung sind die folgenden Zeilen gewidmet.

Passavant erwähnt im II. Rand seines Peintre-Graveur im Oeuvre des Mei-
sters der Spielkarten eine Darstellung des heil. Georg (Nr. 3, S. 71) in (der Kupfer-
stichsammlung zu) Dresden. Max Lehrs erkennt diese Zuweisung als richtig an1 und nennt zwei
Exemplare, das in Dresden (kgl. Kupferstichsammlung) und eines in der Kupferstichsammlung der Hof-
bibliothek zu Wien. In dem neuen, monumentalen Werk Max Lehrs', dem kritischen Katalog der
Kupferstiche des XV. Jahrhunderts,2 werden diese beiden Blätter näher charakterisiert: «Dresden (Vor-
züglicher Abdruck) — Wien H. (Zarter im Druck, d. h. von der besser gewischten Platte, aber rechts
verschnitten und oben, besonders links und rechts defekt. Koloriert mit Karmin, Braun und Saftgrün,
oben von alter Hand vier unleserliche Schriftzeilen.)» Diese Charakteristik ist nicht ausreichend; denn
ein subtiler Vergleich der beiden Blätter ergibt, daß nicht zwei identische Abdrücke von der gleichen
Platte — abgesehen von den Verschiedenheiten eines kräftigeren oder zarteren Druckes — vorliegen,
sondern ein Original und dessen Kopie feststellbar sind.

(Vgl. die beigegebene Lichtdrucktafel, Taf. XLVIII; im folgenden wird das Blatt der Hof biblio-
thek mit A, das Dresdner mit B gekennzeichnet.)

Vergleicht man die einzelnen Striche der Zeichnung der Felsen, so kommt man leicht zu dem
Ergebnis, daß eine Reihe von Verschiedenheiten auf dem Vergleichsexemplar feststellbar ist. In einigen
Teilen der Felspartien sind auf A Schatten, die auf B fehlen, und umgekehrt. Als Qualitätsunterschied
ist anzuführen, daß diese Schattenstriche und Felsteilungsstriche auf A einen individualisierenden,
kräftigen Duktus mit Verdickung und Zuspitzung aufweisen, auf B zumeist in dünnen schematischen
Haarstrichen aneinander gereiht werden (vgl. z.B. den Teilungsstrich im Fels unterhalb der Pflanze links
vom Schweif des Drachen, die Schattierung neben dem Blätterwerk links vom rechten Fuß des Georg
etc.). Die gleichen Unterschiede zeigen die Pflanzen und Gräser: die Striche nicht identisch, eine Reihe
von Strichen auf B ausdrucksloser, schlechter charakterisierend als auf A (vgl. z. B. die Schematisierung
des Grases rechts unten unterhalb der Blume mit den sechs Blütenköpfen auf B im Vergleich zu A,
oder das Fehlen der auf A gezeichneten vier feinen Grasspitzen oberhalb des Blattwerks ganz rechts
unten, die scharfeckige Zeichnung der Blattpflanzen von B ganz links unten mit den feingeschwunge-

1 Max Lehrs, Die ältesten deutschen Spielkarten des königlichen Kupferstichkabinetts zu Dresden, Dresden 1885, S. 2,
3 und Anm. I. — Derselbe im Jahrbuch der kgl. preußischen Kunstsammlungen, Bd. XVIII, S. 48, Nr. 7. — Auch Max Geis-
berg (Meister der Graphik, Bd. II, S. 32) schließt sich diesem Urteil an.

2 Max Lehrs, Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im
XV. Jahrhundert, Wien 1908, Bd. 1, S. 92/93, Nr. 35.

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