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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

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I. Teil: Abhandlungen
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Meder, Joseph: Neue Beiträge zur Dürer-Forschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0199
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NEUE BEITRÄGE ZUR DÜRER-FORSCHUNG.

Von

Joseph Meder.

L Zur Reise Dürers nach dem Westen Deutschlands 1490—1494.

ie Gesellenreise Dürers «in seinen ledigen Wanderjahren» nach dem Westen
Deutschlands bildet für uns noch immer eine dunkle Episode seines Lebens und
seiner Entwicklung. Abgesehen von den drei bestimmten Orten: Basel, Colmar
und Straßburg, wo Spuren seiner Tätigkeit mit größerer oder geringerer Sicher-
heit nachweisbar sind, hüllen sich alle seine Wege, sein Tun und Treiben in ein
fast undurchdringliches Dunkel. Welche Richtung er von Nürnberg aus einge-
schlagen, welche Städte er berührt und welchen Weg er auf der Heimreise ge-
nommen hat, das sind Fragen, die in der Dürer-Forschung immer wieder auftauchen und die immer mit
der üblichen Redewendung abgetan werden, daß er «von Ort zu Ort» wanderte.

Es wäre aber eine irrige Anschauung, die weder den damaligen noch den heutigen Verhältnissen
entspräche, wollte man sich die Ausfahrt eines neunzehnjährigen Malergehilfen in die weite Welt als
eine ins Planlose gerichtete vorstellen. Gewiß wurde schon den ganzen Winter vorher darüber gespro-
chen und beraten, die Hauptorte, die Werkstätten und deren Meister sowie die Straßen und Wege
wiederholt einzeln durchgegangen, etwaige Empfehlungen besorgt, die bei den vielverzweigten Ver-
bindungen Nürnbergs leicht erreichbar waren, und Belehrungen und Warnungen aller Art zur rechten
Zeit angebracht. Der alte Dürer hatte, ehe er sich in Nürnberg niederließ, große Reisen gemacht und
war lang in den Niederlanden «bei den großen Künstern» gewesen. Sein Lehrer Wolgemut und dessen
Stiefsohn Pleydenwurff hatten gewiß auch ihre Erfahrungen zur Verfügung gestellt.

Der junge Dürer zog sicherlich wohlausgerüstet mit seinen Behelfen, mit einem guten und festen
Reiseplan und vielleicht auch mit einem Altersgenossen im Frühjahr 1490 in die Welt. Vier Jahre waren
eine lange Frist, die gut verwendet werden wollte.1

In der Kartenabteilung der Wiener Hauslabschen Sammlung des regierenden Fürsten Johann von
und zu Liechtenstein befindet sich eine interessante, in Holzschnitt ausgeführte und in Nürnberg ver-
legte Straßenkarte vom Jahre 1501, welche *di lantstrassen durch das Römisch reich von einem könig-
reich zu dem andern, die an Deutschland stoßen, von meilen zu meilen mit punkten verzeichnet» und die
von Kartenkundigen als eine große Seltenheit geschätzt wird. Die Stadt Nürnberg bildet darauf den
Mittelpunkt, in dem das Weltstraßennetz gewissermaßen zusammenläuft. Wer die Namen von der Karte
ablesen will, muß diese verkehrt halten, den Süden nach Norden wenden; wer also von Nürnberg aus
nach Italien fuhr, hatte die Namen richtig vor sich. Dieses merkwürdige Blatt aus dem Verlage des
«Georg Glockendon zu Nürnbergk» (Fig. 1) hatte gewiß schon ihre älteren Vorläufer, wenn uns auch
solche nicht erhalten geblieben sind; aber sehr wahrscheinlich werden auch diese ganz ähnlich aus-
gesehen haben, so daß man nicht sehr irre geht, wenn man die Liechtensteinsche Karte für die Wan-
derungen Dürers zu Rate zieht.

1 H. Röttinger stellt die Vermutung auf, daß Hans Wechtlin Dürers Reisegefährte war, als dieser zu Ostern 1490
Nürnberg verließ; vgl. dieses Jahrbuch XXVII, 49.

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