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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 30.1911-1912

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II. Teil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Menčík, Ferdinand: Dokumente zur Geschichte der kaiserlichen Tapezereisammlung: aus dem gräfl. Harrachschen Archive
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https://doi.org/10.11588/diglit.6177#0386
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DOKUMENTE

ZUR

GESCHICHTE DER KAISERLICHEN TAPEZEREISAMMLUNG,

AUS DEM GRÄFL. HARRACHSCHEN ARCHIVE

MITGETEILT VON

FERDINAND MENÖIK.

Vorbemerkung.

Die an sich ansehnliche Gobelinsammlung des
Allerhöchsten Kaiserhauses entbehrt noch in mancher
Hinsicht, namentlich was ihre Provenienz, die Art der
Erwerbung und den Preis der einzelnen Stücke anbe-
langt, einer eingehenden Bearbeitung. 1 So dürften die
nachfolgenden Dokumente über einige kaiserliche Tape-
Zereien, die wir aus dem gräflich Harrachschen Archiv
mitzuteilen in der Lage sind, willkommen sein.

Wann man am Kaiseihofe angefangen hat, die
Wände namentlich bei festlichen Anlässen mit Spallieren
und Tapezereien zu schmücken, ist nicht bekannt. Alan
darf jedoch annehmen, daß die österreichischen Erz-
herzoge, seitdem sie an der Verwaltung Belgiens teil-
nahmen, die dort schon damals blühende Gobelinindu-
strie durch Bestellungen unterstützt haben. Schon das
am i. Jänner i58j unterfertigte Testament des Erz-
herzogs, späteren Kaisers Matthias, das später wohl
durch ein anderes ersetzt wurde,2 enthält über Tape-
zereien folgende Bestimmung: Met ordnen und ver-
schaffen wir unserm freundlichen geliebten herrn vettern
und gevattern als unsers codicills executorn erzherzog
Karls liebden unsere mit gold und silber gewirkte tape-
zerei von Romulo und Remo und sunstnoch zwo camer
von Indianischen historien zur erzeigung unsern gueten
neigung, so wir zu ihr liebden tragen. Das Inventar
der im Besitze des Alle? höchsten Kaiserhauses befind-
lichen Tapezereien enthält unter Nr. VIII3 acht Gobe-
lins mit Darstellungen aus der Sage von Romulus und
Remus aus dem XVI. Jahrhundert. Der Umstand, daß
diese Folge aus der Verlassenschaft des Kaisers Franz I.
(f iy65) stammt, schließt die Annahme, daß sie mit
jener aus dem Besitze des Erzherzogs Matthias iden-
tisch sei, keineswegs aus, da sie ja Kaiser Fran~ I. aus

1 Vgl. Inventar der im Besitze des Allerhöchsten Kaiserhauses
befindlichen Niederländer Tapeten und Gobelins von Dr. Ernst
Ritter von Birk: Jahrbuch I. S. 213 ff. und II, S. 167ff.

* Das Original Jet;t durchschnitten! befindet sich im gräflich
Harrachschen Archive iPolit., Fas;. 11).

■ A. a. O. I, S. 23i.

habsburgischem Besitz erhalten haben könnte. Ist es doch
einleuchtend, daß nicht alle vom kaiserlichen Hofe erwor-
benen Tapezereien in dessen Besitze verblieben, sondern
entweder zu Grunde gingen oder geschenkweise an
andere Personen kamen. So berichtet Graf Ferdinand
Bonaventura von Harrach ausdrücklich, daß ihm bei
seiner Abreise nach Madrid, wohin er im Jahre 1673
als Botschafter gesendet wurde, ir kais. majestät (Kaiser
Leopold I.) ein schöne tapezerei, histori von Jakob,
9 stück und absonderlich geschenkt habe. 1

Im gräflich Harrachschen Archive findet sich nun
zunächst ein Verzeichnis von den spallieren aus dem
Jahre i66j, die durchwegs Darstellungen aus dem alten
Testamente enthielten (Reg. 20264). Diese Stücke waren
damals in Wien. Es läßt ich allerdings nicht beweisen,
daß sie im Besitze des Hofes waren; doch ist dies wahr-
scheinlich, da ihre Anzahl für einen Privatbesitzer zu
groß gewesen wäre.2

Ein weiteres Verzeichnis führt 8 Tapezereien auf,
die die Brüsseler Firma Adriano Zeti et Compagnia
am iß. Februar 1673 den Wiener Handelsleuten üttavio
und Slephano Pestalozzi zuschickte (Reg. 20265). Ist
es auch hier nicht sicher, ob davon etwas für Wien und
speziell für den Hof erworben wurde, so dürfte doch
dessen Abdruck für den Forscher willkommen sein.

Außer diesem Verzeichnisse wurden am 10. März
l6j£ von A. Martini in Antwerpen Spezifikationen von
Tapezereien in Brüssel und Antwerpen nach Wien ge-
schickt, in denen diese beschrieben und ihre Preise an-
gegeben sind (Reg. 20266 und 20267). Vier dieser Stücke
kommen zwar auch in der vorangehenden Liste vor; es
dürften aber andere Exemplare gewesen sein, da ihre

1 Tagebuch aus den Jahren i6-;3—i6j6 in der gräflich Har-
rachschen Bibliothek; vgl. «Die Kultur*, 1011, S. 416.

2 Allerdings waren auch in adeligen Familien Tapezereien
7« finden. So erhielt im Jahre i5gy bei der Teilung der fahrenden
Habe Kart Freiherr von Harrach: 3 zimmer hohe gemalte spallier
und 7 stuck von thamasken tapezereien, sein Bruder Rudolf: ein
güldene tapezerei. so bei Markgrafen gewest, 3 theil.
 
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