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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0064

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Karl Giehlow.

Auch die letzteren Hieroglyphen paraphrasiren lediglich den ihnen gegenüber angebrachten Wahl-
spruch und verherrlichen ebenfalls die Grundsätze, die das Geheimnis der Grösse Roms bedeuten, die
zähe Geduld und bedächtige Politik. Bei ihrer Auswahl im Einzelnen bekundet sich besonders das Be-
streben Colonnas, die Wahrheit dieser Ethik durch tiefe Sinnbilder zu beweisen. Es handelte sich
ihm offenbar in erster Linie darum, sie als eine in den Hieroglyphen enthaltene Erbweisheit des alten
Aegypten darzustellen. Der Gedanke, den Hund als Helmschmuck zu verwenden, ist dabei durch die
Öfter erwähnten Stellen des Diodor und Eusebius hervorgerufen, wo zugleich berichtet wird, dass die
Aegypter dieses Thier »custodiendi causa« verehrten. Die Lampe als ägyptischer Cultgegenstand war
aus Apulejus bekannt; für ihre symbolische Bedeutung als Leben bot Plutarch die classischen Beleg-
stellen. Die Hieroglyphe des Rindes kommt häufig auf den Obelisken Roms vor; so enthalten die des
Pantheon und der Villa Mattai Stierfiguren. Ausserdem berichtete darüber Macrobius. Das Sinnbild
des Kreises ist die Seite vorher besprochen.

Um die nur einem logischen Denken sich enthüllende Weisheit dieser Hieroglyphenreihe ge-
bührend zu kennzeichnen, lässt Colonna den Poliphilo zunächst vor der Bedeutung der den Schädel um-
gebenden Zweige rathlos stehen und erst
nach so und so viel Seiten mit Hilfe der ihm
inzwischen zugesellten Nymphe Logistica,
der Personification derVernunft, das Räth-
sel lösen. Demnach ist der eine Zweig
von einer Tanne, der andere von einer
Lärche genommen und bedeutet das
Ganze: »quella patientia, que di ira fa-
cile non saccende, ne in le adversitate si
flecte« deshalb, weil das Lärchenholz, als
Balken behauen, sich nicht biege, das der

r» „c o- 1 i /- 1 u . i • dt ut au . Tanne »facile non fa cum il foco commer-
Fig. 16. Hieroglyphe aus Colonnas Hypnerotomachia, Pohphih-AIdus

1499. cio«.1 Es fällt hier die Aehnlichkeit mit Al-

Verkieinert. berti auf, der die alte Fabel vom Lärchen-

holz, dass es unverletzt die Angriffe des
Feuers überdauern solle, in gleicher Weise deutet, wie Colonna die Eigentümlichkeit der Tanne be-
schreibt. Aus Eigenthümlichkeiten der Natur sogar heraus sucht Colonna dem Leser den Werth der rö-
mischen Lebensregel klarzustellen, eine Symbolik, die sich auch auf das Material der Sculpturen ausdehnt.

In unmittelbarer Nähe von Hieroglyphen, die dem Humanismus den Eindruck uralten Priester-
wissens machen sollten, befinden sich also die der Titusmünze entlehnten Symbole des augustischen
Wahlspruches. Warum vermied hier Colonna jede Anspielung auf die historische Bedeutung dieser
Zeichen, warum verzichtete er darauf, diese Hieroglyphen in die so nahe liegende Verbindung mit dem
Obelisken des Julius Caesar zu bringen, warum erschwerte er die Erinnerung einer Beziehung zur
Titusmünze dadurch, dass der Anker liegend dargestellt wird? Es geschieht dies offenbar aus dem
Grunde, weil eine Deutung ihrer Symbole als Kaisersprüche durch die Citate des Aulus Gellius und
Macrobius bereits damals ein Gemeingut der Gelehrten gewesen sein wird. Denn dafür spricht nicht
nur die Beliebtheit der Münze als Sammlungsobject sondern auch die allgemeine Verbreitung der beiden
Schriftsteller. So bezeichnet Aldus in einem Briefe an Alberto Pio da Carpi vom 14. October 149g den
Delphin und Anker als seine ständigen Begleiter, um den Vorwurf der tarditas zu widerlegen und fügt da-
bei die Worte »ut oportere ajunt« hinzu, ein Beweis für die damals schon sprichwörtliche Anwendung dieser
Symbole; so äussert sich Pierio Valeriano darüber später als eine Sache, die bereits jeder Barbier kenne.2

1 Alberti de re aedificatoria, Ausgabe Torys, p. XXIII: »Vetus opinio hanc contra ignium injurias invictam et prope
illaesam praestare ... sed nos eam videmus incensam ardore tarnen ita, ut flammas dedignari easque velle ab se discutere videatur«.

2 Lieber den Brief des Aldus vgl. Leon Dorez, Etudes Aldines, in der Revue des Bibliotheques, VI. Anne (1896), p. 144.
Dorez beweist in überzeugender Weise, dass Aldus mit dem Ausdruck, »ut oportere ajunt«, weniger an die bildliche Dar-
 
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