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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0091

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Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance.

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zeichnet werden, und solcher Symbole, deren Bilder ihm geeignet erscheinen, die auf den Obelisken
beobachteten Zeichen, unter denen er Scarabäen, Bienen, Rinder, Geier und Pflanzen hervorhebt, zu
erklären.

Es ist in letzterer Hinsicht zu beachten, dass nach dem Tode Lorenzo Medicis sein Schwager
Bernardo Rucellai, derselbe, dem einst Alberti den Circusobelisken gezeigt hatte, in seinem Garten die
platonische Akademie weiter versammelte. Bernardo war inzwischen ein gründlicher Kenner des alten
Rom geworden. In seinen Commentaren zum Publius Victor, die er nach Vertreibung der Medici
niederschrieb, hat er auch den neuen Obeliskenfunden besondere Aufmerksamkeit geschenkt; denn er
berichtet darin, dass von den zu Biondos Zeiten noch ihrer Lage nach unbekannten Mausoleums-
obelisken Fragmente beim tiefen Graben zum Vorschein kommen.1 Von dieser Seite konnte Crinitus
gedrängt sein, das Bekannte über die Hieroglyphen zusammenzufassen.

Nach den oben wiedergegebenen Worten des Crinitus scheint seine Sammlung sich ziemlich
vollständig auf sämmtliche damals gelesene Schriftsteller ausgedehnt zu haben. Schon in der honesta
disciplina werden ausser Plutarch ausdrücklich noch Plinius, Ammianus Marcellinus, Rufinus, Strabon,
Jamblichus, Eusebius genannt und aus den beiden letzteren Schriftstellern eingehend das Symbol der
Lotosblume sowie die Hieroglyphe der sperberköpfigen Schlange besprochen. Dass Crinitus ausser
dem ebenerwähnten Diodor auch die berühmten Stellen des Apulejus, Lucanus und Tacitus gekannt
haben wird, darf man wohl ebenso sicher annehmen wie ein Studium der Commentare Marsiglios
zu der platonischen Schriftenmasse. Man muss danach vermuthen, dass er auch Kenntnis vom Hora-
pollon gehabt hat. Doch findet sich in den kurzen Notizen der honesta disciplina über seine hiero-
glyphischen Sonderstudien weder der Name Horapollon noch eine mit Sicherheit auf diesen Schrift-
steller zurückzuführende Hieroglyphe.

Während Rucellai als Inhalt der Hieroglyphen auf den Obelisken Roms und Constantinopels
theils die Namen ihrer Errichter, theils naturphilosophische Probleme anführt, lässt Crinitus die erstere
sich auf Hermapions Uebersetzung stützende Annahme ganz beiseite und folgt allein dem Plinius. Die
Hieroglyphen sind ihm also Urkunden der ägyptischen Philosophie. Hierin bestärkte ihn die Leetüre
der hermetischen Schriften, wie sie Marsiglio veröffentlicht hatte. »Je tiefer die Forschung« -— schreibt
Crinitus — »in die Weisheit dieses — des älteren — Mercurs eindringe, desto Grösseres und Gött-
licheres ergebe sich, so dass er vor allen anderen die Wahrheit erkannt hat und daher ein Lehrmeister
der Griechen in allen Gott, Seele und Welt berührenden Fragen wurde.« Danach wird Crinitus
seinem grossen Landsmann Marsiglio auch weiter gefolgt sein und schliesslich in den Hieroglyphen
die Abbilder göttlicher Ideen erblickt haben. Denn gerade in seinen Theoremata will er die Nachricht
des Jamblichus ausführlich besprochen haben, wonach Piaton und Pythagoras das Meiste ihrer Lehren
aus den Säuleninschriften des Mercur, also aus Hieroglyphen, entlehnt haben.

Diese Anschauung von dem mächtigen Einfluss des in den Hieroglyphen niedergelegten ägypti-
schen Denkens auf die griechische Philosophie erfährt jedoch bei Crinitus eine Einschränkung zu
Gunsten der Hebräer, wenn er die Aufzeichnungen über einen einmal angehörten Disput zwischen
Savonarola und Pico della Mirandola deswegen in sein Werk mitaufgenommen hat, um seine Ueber-

Inter alias vero effigies scarabeos, apes, fluvios(.'), boves, vultures, aliaque id genus notare consueverunt. Porro ex ipsa
effigie apis symbolum regis signabatur etc.«, im lib. XVI, cap. II: »De serpentum natura et ingenio in Aegyptia theologia et,
qua ratione caput illis addatur, aliaque de aeeipitre memoranda: Mirum profecto est, quod ab Aegyptiis de natura et viribus
quorundam animalium traditum est, quod ut magis illi posteris comprobarent, intcr notas hieroglyphas sive sacerdotales (ut
quidam vocant) rettulerunt.« Dann folgen Ausführungen nach Eusebius; vgl. oben, S. 25.

1 Vgl. Bernardus Oricellarius, de urbe Roma, in Rerum ital. Script, tom. II, Florenz, Tartini, 1770, p. ioo3: »Obeliscos
duos singulos XLII pedum in Mausoleo stetisse . . ., quorum fragmenta Numidici marmoris obruta ruderibus etiamnum videre
licet funditus persequentibus.« p. 1018 enthält allgemeine Bemerkungen über Hieroglyphen gemäss Plinius und Ammianus:
»His obeliscis inscribi literis Aegyptiis auetorum nomina quandoque vero contineri inscriptam rerum naturae interpretationem
ex disciplina Aegyptia affirmant. Etenim scalpturae illae et effigies, quae adhuc Romae Constantinopolique visuntur, Aegyptiae
literae sunt, quas vetere fere hieroglyphas appellant.« Ueher die Zeit der Niederschrift seines Commentars vgl. Jordan, Topo-
graphie der Stadt Rom im Alterthum II, S. 3o3.
 
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