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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0140

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i34

Karl Giehlow.

Von besonderer Bedeutung sind daher seine Untersuchungen über die Entstehung des Wortes
und den Begriff des Symbols, zumal sich seine kleine Schrift der grössten Beliebtheit in und ausserhalb
Italiens erfreute. Er stellt schliesslich darin die grösste Aehnlichkeit der pythagoreischen Symbole mit
den kriegerischen Erkennungszeichen fest, nur dass sie, aus den geheimen Mysterien einer heiligen
Wissenschaft entlehnt, moralische Sentenzen und heilsame Lebensregeln enthalten. Sie gleichen den
unscheinbaren Thongefässen, die einen kostbaren Schatz bergen, sie ähneln den Gesetzen, deren knappe
Sprache die weiteste Auslegung verträgt, »aliud sonantia« sind sie »aliud significantia«, kurz die golden-
sten Räthselsprüche.1 Derart kann man aber auch die hieroglyphische Bildersprache des Horapollon
charakterisieren, wenn sie ethische Eigenschaften betrifft. Und Beroaldo musste im Sommer desselben
Jahres sterben, in dessen Herbst der griechische Text der Hieroglyphica endlich erschien!

Sein Wirken blieb unvergessen besonders an der Universität Bologna. Fasaninis und Bocchis
Studienzeit fällt gerade in die letzten Lebensjahre Beroaldos. Sie lehrten in seinem Geiste weiter,
wenn sie die Hieroglyphenkunde vom Katheder aus verbreiteten.2 Bald erhielten sie auch auf diesem
Gebiete einen Rivalen in Romolo Amaseo, dessen hieroglyphische Interessen Valeriano so bewunderte.
Zwischen Amaseo und Bocchi entwickelte sich dann die grösste Feindschaft.3 Vielleicht beziehen sich
auf den Ersteren, der zwar in Bologna gebürtig, aber erst nach langer Abwesenheit dorthin zurück-
gekehrt war, auch die hämischen Bemerkungen Fasaninis über jene Literaten, die, um den Hunger zu
vertreiben, schaarenweise nach Bologna flüchten. Gerade ihre eifersüchtige Kritik fürchtete er für
seine Uebersetzung.4

Diese selbst ist von Fasanini dem berühmten Lorenzo Campeggi anlässlich seiner Erhebung zum
Cardinal gewidmet.5 Vor seinem Uebertritte in die geistliche Laufbahn hatte aber Campeggi die Juris-
prudenz an der Hochschule zu Bologna gelehrt, wohin er etwa um 1497 aus Padua gekommen war, um
seinen Doctor beider Rechte zu machen. Damit war er in die unmittelbare Nähe Beroaldos gerathen,

trepticae orationes ad philosophiam« entlehnt. Vgl, Jamblichi Chalcidensis ex Syria Coele de vita Pythagorae etc. Joanne
Arcerio Theodoreto, Frisio autore et interprete in bibliopolio Commeliano 1598, p. i3i. Der Schluss von Aldus' Auszug ist
auch von Beroaldo am Ende seiner Abhandlung verwerthet. — Die Hauptquellen pythagoreischer Symbole waren für die
Humanisten ausser Jamblichus und Plutarch noch Suidas und Diogenes Laertius, später auch Clemens Alexandrinus. Besonders
populär wurden sie durch ihre immer umfangreicher werdende Aufnahme in die Adagien des Erasmus; vgl. darüber unten
die Hieroglyphenkunde Reuchlins.

1 Für Beroaldo ist isymbolum« zunächst gleichbedeutend mit »collatio«, mit demjenigen, »quod plures in unum con-
ferunt«; so beim Gastmahl die »comensalia«. Entsprechend bestehtauch das »symbolum Apostolicum in uno conferendo, quod
quisque de fide sentiebaU. Es ist der Ring, welcher wieder zusammengepasst wird, und so das Erkennungszeichen besonders
im Kriege. »Symbola distineta quisque dux suis militibus tradit.« Gleicherweise gab es »in archanis priscorum mysteriis«
Symbole, wie den Mohn als Sinnbild der Fruchtbarkeit und des Staates, vgl. oben, S. 28. So definiert Beroaldo schliesslich
p. XIVT: »Ex hoc nimirum genere sunt symbola Pythagorae videlicet indicia et signa mysteriorum doctrinae sanetioris, quibus
sententiae morales atque salutaria documenta continentur.«

3 Die schon erwähnten Thatsachen, dass Fasanini bereits 1504 als Dichter bekannt war, Bocchi 1508 schon Griechisch
lehrte, lassen auf frühreife Entwicklung und die beliebte Wunderkinderzüchtung des Humanismus schliessen. Beide lehrten
in Bologna bis an ihr Lebensende. Fasanini starb im Jahre 153r, Bocchi 74 Jahre alt 1562.

J Vgl. über Amaseo Fantuzzi a. a. O., tom. I (Bologna 1781), p. 206. Romolo Amaseo hatte als Concurrent von
Bocchi 1514 »una publica lettura di umane lettere« erhalten. In einem Briefe vom 8. März 1525 klagt er Bocchi und Pio
an, dass sie ihn gesucht hätten »rovinare della via propria«; vgl. Fantuzzi, a.a.O., tom. II, S. 217. Valeriano widmete
Amaseo die Abhandlung »de formica, scarabeo et echino terrestri«; vgl. Hieroglyphica, p. 57.

4 Vgl. Phasianinus am Schlüsse der »declaratio«, a. a. O., p. L: »est in cujusvis non modo literarum omnino expertis,
sed famelicorum quorundam literatorum, qui in hanc urbem pedibus, quod dicitur, albis ad famem propulsandam quotidie
agminatim confugiunt, judicium de literatis viris facere eorumque vigilias stimulis elevare«.

* lieber die Zeit der Abfassung der Widmungsschreiben vgl. oben, S. 129, Anm. 4. Fasanini schildert darin anschaulich
den Eindruck, welchen eine Cardinalserhebung auf die Bolognesen machte. Lieber Campeggi handelt ausführlich Fantuzzi, a. a. O.,
tom. III, p. 47 ff. Zu Mailand 1474 geboren, kam er mit seinem Vater nach Pavia, Padua, wo er bereits 1493 Institutionen
las, darauf nach Bologna. 15ii wurde er »uditore della sagra ruota Romana«. Damals vermittelte er den Frieden Julius II.
mit dem Kaiser, kam dann als Gesandter an den mailändischen Hof und wurde von Leo X. Ende 1513 wieder nach Deutsch-
land geschickt. Er begleitete dort den Kaiser auf seinen Reisen, wohnte dem Wiener Congresse 1515 bei und kehrte dann
nach Rom zurück. Besonders vertraut war er mit Matthäus Lang und Jacob von Banissis geworden. Ueber den Brief des
Valeriano an seinen Secretär Crispo über den Einzug Längs in Rom vgl. oben, S. 116. Später wurde Campeggi der erbittertste
Feind der Reformation.
 
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