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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

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Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0158

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Karl Giehlow.

Fig. 24. Holzschnitt von Joerg Breu aus den
Emblemata des Alciati (Augsburg 15 31).

ist. In doppelter Verkleidung können derart die »tacitae notae« des Alciat die Gedanken verbergen,
wozu dann noch die Anspielung auf besondere Ereignisse hinzutritt.] 1

Von nicht geringerer Wichtigkeit wurden für die Emblematik die Ansichten des Neuplatonikers
über das Verhältniss der ägyptischen Symbolik zu der griechischen. Oben ist bereits die Stelle des

Tractates abgedruckt, worin verschiedenen Hieroglyphen aus-
drücklich die einst in Theben befindlichen Richterbilder gleich-
gestellt werden, die durch das Fehlen der Hände, beziehungs-
weise die geschlossenen Augen die Unbestechlichkeit versinn-
lichen sollten. Der daran gereihte Gedanke, dass überhaupt
in den absonderlichen Götterbildern der Aegypter irgendein
Mysterium zu vermuthen wäre, ist dann später von Plutarch
wieder aufgenommen, um seltsame Attribute berühmter grie-
chischer Statuen zu erklären.2 Darunter hebt er besonders her-
vor, dass Phidias einen Drachen der Minerva, eine Schildkröte
der Elischen Venus beigefügt habe, weil die Jungfrauen der
Obhut bedürfen, den Ehefrauen aber Häuslichkeit und Ver-
schwiegenheit gezieme. Konnte es wohl für Alciat einen besseren Beweis geben, dass die bereits von
Alberti vertretene Anschauung von der Gleichwerthigkeit ägyptischer Hieroglyphen und der übrigen
antiken Symbole auf Richtigkeit beruhe? Selbstverständlich dienen ihm die Beispiele des Plutarch zum

Vorwurf für seine Epigramme; den Hieroglyphen der Richter-
bilder entnimmt er das Emblema »in senatum boni principis«;
in den Werken des Phidias sucht er die hieroglyphische Wieder-
gabe der Sentenzen »custodiendas virgines«, beziehungsweise
»mulieris famam non formam vulgatam esse oportere«. Die
Bewunderung des mailändischen Humanisten vor einer der-
artigen bereits von Poliziano gekennzeichneten »muta poesis«
der Alten steht somit nicht derjenigen nach, welcher Valeriano
zu gleicher Zeit in Rom vor den Antiken selbst so beredt Aus-
druck zu geben verstand.3 Nur ist Andrea, weniger durch
seinen Aufenthaltsort begünstigt, in erster Linie auf literari-
sche Nachrichten gewiesen, um die Symbolik der vermeint-
lichen Hieroglyphen, jene »arcana pingendi caelandique ratio«, emblematisch auszunützen.

In dieser Hinsicht bot ihm eine Quelle von grosser Reichhaltigkeit die schon erwähnte griechische
Anthologie, welche, auf Grund eines Manuscriptes von Janos Laskaris 1494 zuerst in Florenz gedruckt,
bei Aldus 1503 in vermehrter Auflage erschienen war.4 Ihr Inhalt war schon vorher dem jungen Andrea
das erstrebenswerthe Vorbild für seine Dichtungen gewesen, damals in Mailand voll von den Ein-
drücken einer Leetüre des Horapollon und Plutarch, lernte er ihren Inhalt auch vom Standpunkt der
emblematischen Poesie bewundern. Die zahlreichen Epigramme, in denen die griechischen Dichter ihre
Gedanken über die berühmtesten Bildwerke der alten Götterwelt, des Heroenkreises, der Dichter, Denker

Fig. 25. Holzschnitt von Joerg Breu aus den
Emblemata des Alciati (Augsburg 1531).

1 Das Eingeklammerte ist im Manuscript vom Autor durchstrichen (Anmerkung des Herausgebers).

3 Vgl. die oben citirte Uebersetzung Calcagnini's: »Neque vero mirandum est, quod Aegyptii et Graeci hasce adeo leves
ac tenues similitudines amaverint. Nam et alii multis hujusmodi tum inscriptis tum efformatis deorum imaginibus usi sunt.
Quäle apud Cretas Jovis simulachrum auribus carens, dominatorem enim et prineipem omnium neminem decet audire. Mi-
nervae autem simulachro Phidias draconem adjunxit, Veneri autem, quae in Elide colitur, testudinem, quod virgines custodiae
indigeant, viro autem conjunetas et domestica gubernatio et silentium imprimis deceat. Neptuni autem tridens tertiae regionis
symbolum est, quam mare occupat, utpote post coelum atque aerem coordinatae.« Die Verse Alciati's vgl. a. a. 0., p. C -
und FlT. Ueber diese Gleichstellung der griechischen Symbole mit den Hieroglyphen vgl. aus späterer Zeit vornehmlich
Mercali, a.a.O., p. 129: »usarono di poi anco gli Greci questa Sorte di Hieroglifiche«.

3 Vgl. oben, S. 87, Anm. 2, und S. 106.

4 Firmin Didot, Aide Manuce, p. 251 ff.
 
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