Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 32.1915

DOI Artikel:
Giehlow, Karl; Weixlgärtner, Arpad: Die Hieroglyphenkunde des Humanismus in der Allegorie der Renaissance: besonders der Ehrenpforte Kaisers Maximilian I. Ein Versuch
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6174#0169

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ANHANG II.

Brief des Caelio Calcagnini an seinen Neffen Thomas Calcagnini

mit Angabe der bei Horapollon und anderen Schriftstellern gefundenen Hieroglyphen.

(Epistolicarum quaestionum et epistolarum familiarum libri XVI, Basileae apud Frobenium 1544,

p. 18 sq.)

Für die Herstellungszeit der nur aus diesem Brief bekannten Uebersetzung der Hieroglyphica des Hora-
pollon von Calcagnini ergibt der weitere Inhalt des Schreibens zunächst \wei Termine. Am Schlüsse bezeichnet
dieser ferraresische Gelehrte den ihm vorliegenden griechischen Text als »libellus, qui circumfertur«. Die damit
angedeutete weitere Verbreitung ist nur auf die Aldinische Ausgabe der Hieroglyphica zu beziehen, da griechische
Manuscripte zu den Seltenheiten gehörten. Der griechische Text erschien bei Aldus im October i5o5 und gibt
daher den terminus a quo. Wie schwer eine griechische Handschrift zu erlangen war, beweisen am besten die
schon oben erwähnten Klagen des Philippus Phasianinus am Schlüsse seiner Horapollonübersetzung.

Das Erscheinen dieses Buches im Jahre i5i-j Bologna, wovon es sicher bald nach der nahen Hochschule
^u Ferrara gelangte, bietet den terminus ad quem für die Arbeit des Calcagnini. Denn dieser will nach dem
ganzen Inhalt seines Buches wissenschaftliche Neugierde befriedigen und glaubt offenbar, mit seiner Uebersetzung
etwas Neues zu bieten, Gedanken und Vorhaben, die nach der Veröffentlichung des Phasianinus nicht mehr gut
anzunehmen sind.

Jedoch erst nach Jahresfrist könnte sich Calcagnini an die Uebersetzung des i5o5 erschienenen Aldinischen
Textes herangemacht haben. Dies lässt sich aus einer Angabe über sein Leben schliessen, die er dem Gregorio
Gyraldi folgendermaassen machte:1 bis stipendia fecerim difficillimo tempore, altera sub Caesare, altera sub
Julio II., pontifice maximo, quom Bononiam repeteret. Die Wiedererwerbung Bolognas für den Kirchenstaat
fand am 11. November iSoO' statt. Erst von dieser Zeit an wird Celio die Müsse gefunden haben, sich in die Hiero-
glyphica zu vertiefen.

Für die nähere Datierung des Briefes selbst ergeben die an seinem Schlüsse aus anderen Schriftstellern
citirten Hieroglyphen einen weiteren Anhalt. Die in dem folgenden Abdruck mit den Buchstaben p bisy bezeichnete
Iieihe entstammt Plutarchs berühmtem Tractat -ade Iside et Osiride«, welcher damals zu den Moralia des Plutarch
gewählt wurde. Obwohl hiervon griechische Handschriften häufiger circulirt ^u haben scheinen, ja Ermolao Bar-
baro d. J. bereits den ägyptischen Tractat übersetzt haben soll, so erscheint es doch fraglich, ob Calcagnini seine
Kenntnis aus einer Handschrift geschöpft hat. Denn ihre Seltenheit erhellt daraus, dass sich in den zuerst iSoo
veröffentlichten Commentaren des Philippus Beroaldus zum Asinus Aureus des Apulejus, denen Calcagnini ein
empfehlendes Epigramm beigegeben hat, die eingehendste Untersuchung über Hieroglyphen findet,2 ohne dass des
Plutarchischen Tractates Erwähnung geschähe. Ermolaos Uebertragung war eben ungedruckt geblieben3 und
sicherlich Calcagnini unbekannt, als er seinem Neffen ein anderes Mal in einem ebenfalls undatirten Briefe mit
Stolz und Bescheidenheit ^gleich schrieb, dass er Plutarchs Tractat »rfe Iside et Osiride nuper non tamquam
interpres, sed velut paraphrasta« in das Lateinische übertragen hätte.4 Wie es bei seinen Horapollonsludien wohl
der Fall gewesen ist, wird auch hierzu wieder Aldus den Anstoss gegeben haben. Im Jahre i5og hatten die Mo-
ralia des Plutarch als editio prineeps die venezianische Presse verlassen und trafen also Calcagnini mitten in seiner
Beschäftigung mit dem Horapollon.

Es gehörte nach den Worten seines Herausgebers zu den Eigentümlichkeiten dieses gründlichen Gelehrten,
einen Autor nicht bei Seite zu legen, bevor er ihn zwei-, dreimal durchgearbeitet hatte. Als er den Auszug aus
seiner Horapollonübersetzung für seinen Neffen durch die Notizen aus dem Tractat des Plutarch ergänzte, wird
er sie schwerlich der fertigen Uebertragung dieses Aufsatzes entlehnt haben. Calcagnini scheint vielmehr bis in die
letzte Zeit seines Lebens daran thätig gewesen zu sein, da der Ordner seines Nachlasses die von ihm beabsichtigte
Widmung nachholen musste.5 Da dieser hierbei unterliess, die Arbeit als eine Ueberset^ung des Plutarch zu

1 Calcagnini, Opera (Basileae, Froben, 1544), p. 316.
3 Vgl. oben, S. 27 ff.

3 Vgl. den Artikel darüber bei Ersch und Gruber. Auch Erasmus scheint erst spät den Plutarchischen Tractat kennen
gelernt zu haben. In der ersten Aldinischen sowohl als auch in der Froben'schen Ausgabe seiner Adagien (1513) findet sich
bei seinem Excurs über die Hieroglyphen gelegentlich des Sprichwortes >festina lente« darüber noch nichts. Die Ausgabe
von 1526 holt dies erst nach mit den Worten: et Plutarchus in commentario de Osiride. Während Politianus den Tractat kennt
erwähnt sein Schüler Crinitus in der Abhandlung »de honesta disciplina^ (lib. VII, cap. II) nur Plutarch als Hieroglyphiker.
Vgl. hierüber oben, S. 85.

4 Calcagnini, a. a. O., p. 12.

5 Calcagnini, a. a. 0., p. 244. Johannes Hieronymus Monferratus widmet sie dem Alfonsus Trottus im Juni 154-5 Ein
Jahr vorher im August war Calcagnini gestorben.

21*
 
Annotationen