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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 34.1918

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I. Teil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Randglossen zu Venedigs Bronzeplastik der Hochrenaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.6169#0009
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RANDGLOSSEN
ZU VENEDIGS BRONZEPLASTIK DER HOCHRENAISSANCE.

Von

mm

Leo Planiscig.

I. Jacopo Sansovino.

n der kunstindustriellen Abteilung der Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser-
hauses befindet sich die Bronzestatuette eines alten stehenden Mannes, in einen
über die Schultern geworfenen breiten Mantel gehüllt, die Arme gekreuzt, eine
Kappe auf dem Haupte, mit einem wallenden Barte, Hakennase, den Kopf
linkshin gewendet, finster im Ausdruck (Taf. I). Hofrat v. Schlosser und Ex-
zellenz v. Bode, die diese Figur als vermutliche Allegorie des Winters ver-
öffentlichten, bezeichneten sie als toskanisch (wobei sie an einen Nach-
folger des Michelangelo dachten), im Bewegungsmotiv und in der Tracht der Antike nachemp-
funden. 1

Ich glaube nun, für diese Statuette, die mit geringen Veränderungen2 nicht selten vorzukommen
pflegt, eine nähere Bestimmung gefunden zu haben, und schreibe sie einem der Geburt nach toska-
nischen Nachfolger des Michelangelo zu, der aber erst in Venedig und unter venezianischen Prä-
missen zur vollen Entfaltung seines Stiles gelangte: Jacopo Sansovino.

Sansovinos erste gesicherte Skulptur in Venedig ist die Marmor-Madonna mit dem
Kinde im Atrium des Arsenals, die als: OPUS SANSOVINUS FLORENTINUS bezeichnet
und 1534 datiert ist. Der Nachfolger Michelangelos tritt uns hier noch ganz im florentinischen
Gewände entgegen und unwillkürlich sind wir gezwungen, an jene ruhige, vornehme Madonna zu
denken, die Michelangelo dreißig Jahre vorher an flandrische Kaufleute für die Notre-Dame-Kirche
zu Brügge verkauft hatte. Im Oeuvre Sansovinos folgen dann, zugleich mit den Bauten des Palazzo
Corner am Canal grande, der Libreria, der Kirche San Francesco della Vigna, der Zecca und der
Loggetta am Campanile, die Bronzereliefs an den Tribünen (pergoli und nicht pergami -
Kanzel, wie Vasari schrieb) rechts und links im Presbyterium von S. Marco. Zuerst, 1537,
die Reliefs an der rechten Tribüne: Der heil. Markus tauft Amianus und seine Freunde in Ale-
xandrien (Fig. 1); er wird durch die Straßen dieser Stadt an einem Stricke geschleift, während
vom Himmel ein Steinhagel auf die Ungläubigen fällt (Fig. 2); er heilt Kranke und befreit
einen Besessenen (Fig. 3); schließlich, gegen die Ikonostasis zu, ein kleines Relief, der Heilige
im Evangelium lesend, ihm zu Füßen sein Symbol, der Löwe. Die Inschrift: IACOBUS SAN-
SOVINUS SCULPTOR FLORENTINUS F. bürgt uns für die Autorschaft des Künstlers, obwohl
wir gerade von diesen Reliefs wissen, daß ihm Tiziano Minio aus Padua, Tommaso aus

1 H. 33 cm; schwarze Lackpatina. — J. v. Schlosser, Werke der Kleinplastik in der Skulpturensammlung des A. H.
Kaiserhauses, Wien 1910, Taf. XXIII, 2.; W. v. Bode, Die italienischen Bronzestatuetten der Renaissance, Bd. III, Taf. CCXXV.

2 Zuletzt auf der Auktion Rosenfeld-Goldschmidt, Amsterdam, Frederick Muller & Co., Mai 1916, Kat. Nr. 49.
H. 38 cm. — In die Sammlung Dr. Frey-Berlin übergegangen.

XXXIV. I
 
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