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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

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Glück, Gustav: Rubens' Liebesgarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0061
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Fig. i. Meister der Liebesgärten, Der kleine Liebesgarten, Kupferstich.

RUBENS' LIEBESGARTEN.

Von

Gustav Glück.

Vorbemerkung. Der Verfasser der folgenden Untersuchung möchte nicht verfehlen auf einen
Mangel seiner eigenen Arbeit aufmerksam zu machen, dessen er sich selbst auf das empfindlichste bewußt .st
Eine Reihe von Gemälden, die für die Untersuchung von größter Wichtigkeit sind, hat er nicht im Original
kennen lernen können, weil er die für diese seit mehr als einem Dezennium begonnene Arbeit notwendigen
Studienreisen des Kriegsausbruchs wegen nicht hat ausführen können und auch daran verzweifeln muß,
sie in absehbarer Zeit nachzuholen. So fehlt es dabei vielfach an lebendiger Anschauung und manches, was
bestimmter hätte ausgedrückt werden müssen, wird unsicher und hypothetisch gesagt, was nicht in der
Absicht des Verfassers liegt, der gerne seine Ansichten mit der vollsten Überzeugung vertrete

I.

|as verstehen wir unter dem Worte «Liebesgarten»? Dieser Ausdruck, der
nicht früher nachweisbar ist als im XVIII. Jahrhundert, hat einen romantischen
Beigeschmack; er erinnert ein wenig an die Sage vom Tannhäuser im Venus-
berg oder an die in Marco Polos Reisen enthaltene Erzählung von den
Jünglingen, die, in dem Garten des «Alten von den Bergen» durch einen
Trank eingeschläfert, unter schönen, herrlich gekleideten Jungfrauen auf-
wachen, die singen, musizieren und jene Glücklichen liebkosen und speisen.
In einen solchen Gedankenkreis passen die Darstellungen, die in der Geschichte der Kunst
den Namen «Liebesgarten» führen, nicht ganz. Die ältesten unter ihnen sind die beiden merk-
würdigen Kupferstiche, die ihrem Schöpfer, einem unter der Regierung Philipps des Guten höchst
wahrscheinlich am burgundischen Hofe tätigen Künstler, die Bezeichnung des «Meisters der
Liebesgärten»1 verschafft haben. Es ist merkwürdig, daß bisher noch nicht hervorgehoben worden
lst, daß die beiden Blätter ganz verschiedene Dinge vorstellen. Zu unserem Begriff des Liebesgartens
wurde noch eher der Gegenstand des kleineren Stiches (Fig. i) passen: hier ist in der thronen-
den Mitteltigur ohne Zweifel die allegorische Gestalt der Liebe zu erkennen, die Venus der
Antike oder die Frau Minne des Mittelalters. Diese richtet ihre Pfeile gegen zwei gefesselt vor
1 r kniende Edelleute, eine sinnbildliche Handlung, die wohl ähnlich zu deuten ist wie eine

Max Lehrs, Der Meister der Liebesgärten, Dresden 1893, und desselben Verfassers Geschichte und kritischer Katalog
CS deutschen und niederländischen Kupferstiches I, Wien 1908, S. 3o4 ff.

XXXV. ,
 
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