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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 35.1920-1921

DOI Artikel:
Eichler, Fritz: Ein neues Parthenonfragment
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https://doi.org/10.11588/diglit.6170#0259
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EIN NEUES PARTHENONFRAGMENT

Von

Fritz Eichler.

Praeclarum opus cujus lineamcnta mira
arte elaborata ipsa suspexit antiquitas . . . .

I.

Das auf Tafel XIX abgebildete, bisher verkannte Relief-
bruchstück der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien
(Estensische Kunstsammlung, Neue Burg) 1 stammt vom Nord-
friese des Parthenon, und zwar aus der Gruppe der «Thallo-
phoren und Bürger» im Panathenäenfestzuge 2 (Block IX,
Nr. 3i und 32 der üblichen Zählung nach Michaelis); es
enthält von 3i den Kopf und die anschließende Partie der
Brust mit der linken Schulter, von 32 den Kopf nebst
einem kleinen Rest des Mantels und zeigt an beiden seit-
lichen Brüchen Ansätze unmittelbar anschließender Köpfe.
Die Erhaltung des köstlichen Stückes, das sowohl an
Fig. i. Fragment in Wien. der bearbeiteten Oberfläche als auch im Bruche die jedem

Kundigen geläufigen Merkmale des pentelischen Marmors
zeigt, ist, abgesehen von der Beschädigung der beiden Nasen, so gut, als dies von einem Reste des
Parthenonfrieses nur immer erwartet werden darf. Zwar ist die Nase des linken Mannes (3i) fast ganz
abgebrochen, die des rechten (32) an der dem Beschauer zugekehrten Seite bestoßen, beides in neuerer
Zeit, wie die frische Weiße der Bruchflächen beweist, während an den übrigen, gewiß auch nicht sehr
alten Brüchen des Fragmentes bereits eine leichte Verfärbung eingetreten ist. Zieht man aber in
Betracht, daß der Fries an den Langseiten des Tempelhauses seit dem im frühen Mittelalter durch-
geführten Umbau zur Kirche, dem die Decke der Säulenhalle zum Opfer fiel, den verderblichsten
Wetterunbilden ausgesetzt war, die bei der Beschaffenheit des pentelischen Marmors der bearbeiteten
Oberfläche stark zusetzten,3 so erscheint unser Friesstück vorzüglich erhalten.4 Die Verwitterung

1 Maße: H. 0-26, B. 0-29 (vorn), größte Reliefhöhe 0-053 m. — Bibliographie: Archäolog. Zeitung 1867, Anzeiger, S. 07*
(Conze); Dütschke, Antike Bildwerke in Oberitalien V, Nr. 723; Conze, Die attischen Grabreliefs III, Nr. 1297.

2 Zur Deutung: Michaelis, Der Parthenon, S. 215 u. 218/219; Smith, A Guide to the sculptures of the Parthenon
(London 1908), p. 87; Smith, The Sculptures of the Parthenon (London 1910), p. 56; Collignon, Le Parthenon (Paris 1912),
p. 36. — Neuere Literatur zur Deutung des Gesamtfrieses gibt Premerstein: Jahreshefte des Österreichischen archäolog. In-
stitutes XV (1912), S. 2, Anm. 1. Zur Komposition zuletzt H. Sitte in «Kunst und Kunsthandwerk» XXIV (1921), S. 1 ff.
mit neuer Zählung. — Eine durchgreifende, aus Seminarübungen an der Grazer Universität 1912 fr". hervorgegangene Neu-
bearbeitung aller den Fries betreffenden Fragen unter Verwertung bisher unveröffentlichter Stücke steht, wie ich hier mit-
teilen darf, durch R. Heberdey, eine neue Anordnung des Nordfrieses durch F. Gösch in Aussicht.

3 Vgl. Michaelis, Der Parthenon, S. 49 f.

4 Einige unerhebliche Bestoßungen finden sich am Haar, den Bärteu und einem Augenlide und die Oberseite der
Köpfe ist etwas verwaschen Moderne Reinigungen haben dem Stücke keinen Abbruch getan.

33

XXXV.
 
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